Festung, Fürsten, Freie Bürger

Vier Jahrhunderte Mannheimer Stadtgeschichte im Reiß-Museum

Thema der Dauerausstellung im Reiß-Museum ist die Entwicklung der Stadt Mannheim in Eigenart, Gestalt und Wandel von ihrer Gründung im 17. Jahrhundert bis in die Gegenwart.
Die Stadt, die durch ihren streng geometrischen Grundriß schon früh einen bedeutenden Platz in der Geschichte der europäischen Stadtbaukunst gefunden hat, wird mit den wichtigsten Stationen ihrer geschichtlichen Entwicklung vorgestellt: Festungsstadt, Residenz der Pfälzer Kurfürsten, bedeutendster Hafen und Handelsplatz Badens, schließlich Industriemetropole und Großstadt.
Historische Pläne und Ansichten lassen Kontinuität und Wandel im Erscheinungsbild der Stadt erkennen, drei Stadtmodelle verdeutlichen die räumliche Struktur und ihre Entwicklung zwischen 1622 und der Eingemeindung der Umlandorte im 19. Jahrhundert.

Der Besucher folgt in der Ausstellung dem Gang der Stadtgeschichte durch die Jahrhunderte, erlebt die von Toleranz, Offenheit und Multikulturalität geprägte Gründungszeit mit, erhält einen Einblick in die vom Hof geprägte Welt des 18. Jahrhunderts und in die Welt des Großbürgertums, das im 19. Jahrhundert am wirtschaftlichen Aufstieg der Stadt Anteil hatte. Die Stickarbeiten Wilhelmine Bassermanns oder die Porträits der Geschwister Reiß stehen hier stellvertretend.

Das 19. Jahrhundert mit dem Aufstieg von der Provinzstadt am Rand des neuen Großherzogtums zur Handels- und Industriestadt im Schnittpunkt der neuen Verkehrswege bildet den Schwerpunkt der Ausstellung. Der Weg des Besuchers geht hier von der Großherzogin Stephanie Beauharnais (mit einem Bild Kaspar Hausers als Anerkennung der historischen Zweifel) über den Mord an August von Kotzebue 1819 und die liberale Presse der Vormärzzeit zur Revolution von 1848/49, die ja bereits im Februar 1848 in Mannheim ihren Anfang nahm. Stadthistorikerin Dr. Grit Arnscheidt hat hier aus den reichen Beständen des Museums ein vielseitiges Bild aus Barrikadenkämpfen, Parlamentsbewegung, Gegenrevolution und Strafjustiz zusammengestellt. Besonderes Augenmerk gilt am Ende des Jahrhunderts der Entwicklung des Rheinhafens, der auf städtische Initiative hin gebaut wurde und die Stadt auch touristisch zum Magnet machte, wie eine Fülle von Souvenirs mit Mannheimer Stadtansichten zeigt. Ein Blick in die Abteilung "Juden in Mannheim" vermittelt einen Eindruck von der Leistung der jüdischen Mitbürger, die zwar räumlich konzentriert in den Quadraten, aber keineswegs in einem Getto lebte.

Was in der Ausstellung gänzlich fehlt, sind Exponate zur Sozialgeschichte des Mannheimer Bürgertums und der Arbeiterschaft. Insofern ist die Dauerausstellung kulturhistorisch im klassischen Sinn zu nennen. Das aber liegt an der Struktur der Sammlungen des Reiß-Museums, das aus einer großbürgerlichen Stiftung hervorgegangen ist und in dieser Schau Wachstum und Aufwärtsentwicklung sowie das bürgerschaftliche Engagement zugunsten der Stadt dokumentiert. Es wäre aber auch zu viel des Guten, da das Landesmuseum für Technik und Arbeit in Mannheim genau diesen Aspekt am Mannheimer Beispiel dokumentiert.

Die Ausstellung endet im Grund mit dem 19. Jahrhundert. Die nationalsozialistische Zeit ist nur mit einem Bild polnischer Zwangsarbeiter aus dem KZ-Außenlager Sandhofen vertreten, die Kriegszerstörungen in einer Anzahl von Aquarellen und einem dokumentarischen Stadtplan. Das aber verweist, so die Museumsdirektorin Karin von Welck, einerseits auf eine Erweiterung der Ausstellung im Zuge des geplanten Ausbaus des Zeughauses, andererseits auf die große Lücke in den Beständen des Museums, die durch Vermächtnisse und Spenden geschlossen werden soll.

Zur Ausstellung sind ein reich bebilderter Kurzführer mit 78 Seiten Bildern und Texten sowie Informationsmaterial für Lehrer mit detaillierten Angeboten aus der Museumspädagogik erhältlich.

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