Das Bild einer Stadt in Bildern aus der Stadt nachzuzeichnen, ist mit Sicherheit ein schwieriges Unterfangen. Und selten wird so deutlich, wie sich die Zeit und mit ihr die Stadt verändert hat, als wenn Bilder aus verschiedenen Zeiten gegenübergestellt werden.

Das Unterfangen, das Bild der Stadt Mannheim in seinen Veränderungen während der letzten hundert Jahre nachzuzeichnen, haben Ingeborg Riegl und Michael Ca-roli auf sich genommen. In Mannheim ist es wie in vielen anderen deutschen Groß-städten vor allem der Zweite Weltkrieg mit seinem Bombenhagel, der die alte Stadt und das ihr eigene Gesicht zerstört hat - aber ebenso ist es der oft unsensibel be-gonnene Wiederaufbau nach dem Krieg, der zu den alten neue Wunden gefügt hat. Die Einleitung zu dem Band vermerkt, daß Mannheim seit dem Frühsommer 1940 151 Luftangriffe erlebte und daß mehr als 50% des Wohnraums und die Mehrzahl der Verkehrs- und Industrieanlagen zerstört waren. Eine Instandsetzung der Ruinen war oft zwar möglich, aber zu teuer und zu zeitraubend - Wohnraum mußte schnell und preiswert geschaffen werden. Die Innenstadt verlor so Block um Block ihr al-tes Gesicht.

Der Band geht nach einer Einleitung von Baugruppe zu Baugruppe, in 65 Statio-nen von einem architektonisch wertvollen - oder auch nur interessanten - Denkmal zum nächsten. Adels- und Bürgerpalais, Kirchen, Schulen, Plätze, Straßenzüge werden in Ansichten vor dem 2. Weltkrieg, unmittelbar danach und aus der Ge-genwart vorgestellt. Schmerzlich wird dabei klar, welche tiefgreifenden Verluste die Stadt in den Bombenangriffen erlitten hat, wie in wenigen Jahren fast das ge-samte architektonische Erbe der Stadt vernichtet wurde. Es mag wehmütig stim-men, den Reichtum des Palais Engelhorn, Palais Hillesheim, Palais Zweibrücken, des alten Nationaltheaters, des Bassermannschen Palais oder einfach der Häuser-gruppe am Marktplatz zu sehen, doch eins ist sicher: die Stadt hat überlebt, und sie hat ihr Selbstbewußtsein behalten, auch wenn sie sich im Stadtbild immer weniger von anderen großstädten unterscheidet.

Schon der einleitende Blick vom Schloß über die Stadt offenbart den trefgreifen-den Strukturwandel: Kleinteilige Bebauung mit differierenden Dachlandschaften ist ersetzt durch schmucklose Großbauten mit Flachdächern, was besonders in den dem Schloß benachbarten Quadraten A 1 und L 1 ins Auge sticht (Zitat: „Die im vergleich mit dem Vorkriegszustand wuchtig wirkenden Neubauten des Landge-richts bzw. des Gesundheitsamtes un der IHK am Beginn der Kurpfalzstraße ... nehmen dem Schloß einen Gutteil seiner einstigen städtebaulichen Vorrangstel-lung"). Daß auch die ehemals die Stadtsilhouette prägenden Kirchtürme samt dem Kaufhausturm jetzt von Hochhäusern weit überragt werden, ist ein Zug der Zeit.

Ingeborg Riegl, Michael Caroli: Mannheim ehemals, gestern und heute. Das Bild der Stadt im Wandel der letzten 100 Jahre (= Sonderveröffentlichung des Stadtarchivs Mannheim Nr. 16) Mannheim: Edition Quadrat, 1992

In übrigens exakt derselben Ausstattung, bis hin zum Format und der Farbe des Umschlags, ist ein ähnliches Buch über Worms erschienen. Der Band ist besonders interessant, weil auch Worms im Krieg schwerste Zerstörungen erlitten hat:

Fritz Reuter: Worms ehemals, gestern und heute. Ein Stadtbild im Wandel der letzten 100 Jahre. 2. Aufl. Stuttgart: Steinkopf, 1988


Kehren Sie hier zu den Menüs zurück:
Mannheim, die Stadt - Hauptmenü
Register - Impressum
zur ZUM