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2005

Nach fast 250 Jahren: Originalausstattung für Schloss Tettnang erworben

Vier Portraits der Grafenfamilie Montfort von Angelika Kauffmann jetzt im Landesbesitz

1759 – der angehende Malerstar Angelika Kauffmann portraitiert die Grafenfamilie Montfort. Der Auftrag ist um so bemerkenswerter, als die anspruchsvollen Landesherren bislang nur die besten Künstler engagierten. Mit der jungen Ausnahmemalerin Angelika Kauffmann beweisen sie Geschmack und Weitblick.

Fast 250 Jahre später ist es den Staatlichen Schlössern und Gärten gelungen, die vier glanzvollen Porträts, bisher nur als Leihgaben im Tettnanger Schloss, dauerhaft zu erwerben.

Wen zeigen die großformatigen Bilder? Es sind Porträts des Grafen Franz Xaver von Montfort, seiner zweiten Gemahlin Sophia Theresia, sowie der Eltern des Grafen, Maximilian Ernst und Maria Antonia. Die vier Adligen sind die entscheidenden Figuren, für die Geschicke und das Erscheinungsbild des Neuen Schlosses Tettnang. Das Besondere: Angelika Kauffmanns Portraits gehören zu den wenigen erhaltenen Stücken der Originalausstattung des Neuen Schlosses Tettnang. Die noch nicht 20jährige Malerin zeigte in Tettnang bereits ihre Meisterschaft. Proportionen, Farbe, Details – alles sitzt. Später vervollständigte sie – eine absolute Ausnahmeerscheinung im 18. Jahrhundert – ihre malerische Perfektion in Rom. Sie war und ist ein rarer weiblicher Malerstar mit künstlerischem Seltenheitswert.

Der Geheimtipp Tettnang ist mit den Portraits um eine weitere Sehenswürdigkeit reicher. Das innen und außen prachtvolle Architekturensemble im Hinterland des Bodensees bietet beispielsweise auch barocke Stuckausstattung vom Feinsten. Originale Stuckschönheiten des berühmten Joseph Anton Feuchtmayer entführen den Besucher in eine Welt der Amoretten, Drachen und Faune. Das unvergleichliche Vagantenkabinett ist in seiner Ausstattung weltweit eine Rarität: Gezeigt werden portraithafte Darstellungen des „fahrenden Volkes“, von Kesselflickern, Leierkastenmädchen oder Marketenderinnen – viele einschlägige Berufgruppen der Vaganten sind zu sehen.

Die Fürstenportraits als neue Highlights der Tettnanger Schlossausstattung malte Angelika Kauffmann wahrscheinlich in den Jahren 1758 und 1759. Sie hängen im Tafelzimmer der gräflichen Appartements, vor kostbaren Damasttapeten und unter stuckverzierten Decken. Das damals „amtierende“ Grafenpaar Franz Xaver und seine zweite Gemahlin Sophia Theresia gab die Portraits wahrscheinlich anlässlich ihrer bevorstehenden Hochzeit im Februar 1759 in Auftrag. Nach dem verheerenden Brand von 1753 führte Franz Xaver den Wiederaufbau des Neuen Schlosses Tettnang fort – und ging dabei weit über die Möglichkeiten der gräflichen Kasse hinaus. Wie am Beispiel von Angelika Kauffmann und Joseph Anton Feuchtmayer deutlich zu sehen, waren die besten Künstler gerade gut genug. Geld spielte keine Rolle und so erhielt das Neue Schloss Tettnang sein heutiges, prachtvolles Gesicht. Auf das prächtige Schloss folgte der grandiose Absturz: Die zahlungsunfähige Grafendynastie der Montforts verlor Herrschaft und Land.

Ein großes und seltenes Glück sei es, die wertvollen und bedeutenden Gemälde dauerhaft für das Neue Schloss Tettnang gesichert zu haben, so die zuständige Konservatorin Dr. Carla Fandrey von den Staatlichen Schlössern und Gärten Baden-Württemberg. Und der Gewinn für die Besucherinnen und Besucher des Schlosses? Angelika Kauffmanns Portraits geben der Grafenfamilie Montfort und damit der Geschichte von Schloss Tettnang ein Gesicht. Wer Lust und Muße hat, kann darüber hinaus erstaunliche Details in Kleidung, Schmuck und Haartracht des 18. Jahrhunderts auf jedem Portrait entdecken. Pracht und Reichtum des Hofes vor mehr als zwei Jahrhunderten erleben so eine Auferstehung.

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