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2001
Schloss Favorite Rastatt
Die Porzellan- und Glassammlungen der Markgräfin neu präsentiert

Als leidenschaftliche Sammlerin hatte Markgräfin Sibylla Augusta von Baden-Baden unzählige zerbrechliche Kostbarkeiten der Meißener Manufaktur und des blau-weißen Chinaporzellans zusammentragen. In ihrem in der Nähe der Barockresidenz Rastatt von 1710 bis 1720 errichteten Jagd- und Lustschloss Favorite bewahrte sie den größten Teil dieser Porzellansammlung auf, die wohl zu der bedeutendsten dieser Art in Europa neben der August des Starken zählt. Schloss Favorite gilt somit heute, noch im Originalzustand erhalten geblieben, weltweit zu den anziehendsten Orten für die Freunde des „weißen Goldes".

Am 6. Juli 2001 wird die bedeutende Porzellan- und Glassammlung vom Finanzminister des Landes Baden-Württemberg Gerhard Stratthaus MdL, neueröffnet. Damit sind die dreijährigen Sanierungsmaßnahmen abgeschlossen und die Staatlichen Schlösser und Gärten BadenWürttemberg stellen im zweiten Obergeschoss eine eindrucksvolle Neupräsentation vor, in der zum ersten Mal auch die für Favorite zurückerworbenen Meißen- Porzellane gezeigt werden..

Der Erwerb von knapp hundert erlesenen Meißener Porzellanen im Jahr 1995 war der Anlass für die Modernisierung der in den siebziger Jahren eingerichteten Ausstellung. Das Land Baden-Württemberg hatte die bedeutenden Stücke der angewandten Kunst in der Versteigerung der markgräflichen Sammlungen in Baden-Baden angekauft und damit die Zerstreuung einer in der internationalen „Porzellanwelt" einmaligen Sammlung verhindert.

Schloss Favorite ist einer der seltenen Orte, der uns durch den hier lebenden Geist jener Zeit, in dem die Chinoiserie an oberster Stelle stand, wie ein Experte das „Porzellanschloss" der Markgräfin Sibylla Augusta von Baden-Baden charakterisierte, heute noch beeindruckt. Und die Begeisterung für das Asiatische, das sich neben den Lackarbeiten auf das Porzellan konzentriert, ist im Schloss Favorite Rastatt durchgängig sichtbar.

Thematische Gruppierung Die originale Möblierung der Räume im zweiten Obergeschoss ist nicht erhalten geblieben, so finden sie die Besucher in dem überlieferten Zustand wieder. Die kostbaren Exponate sind in Vitrinen ausgestellt, so dass der Blick des Betrachters sich ungehindert auf die Wahrnehmung der Kunstwerke konzentrieren kann. Material und Herkunft der Bestände bestimmen die Ausstellungsgruppen, die für jeden der 12 zum Park ausgerichteten sogenannten „Monatszimmer" zusammengestellt sind. Diese thematische Gruppierung entspricht nicht nur einer wissenschaftlichen Klassifizierung, wie sie dem Besucher aus den Museen der Gegenwart vertraut ist, sondern auch der Vorstellung, die zur Zeit der Markgräfin Sibylla Augusta bekannt war. August der Starke hatte schon im Japanischen Palais in Dresden die asiatischen Porzellane nach den Farben der Bemalung und der Herkunft in einzelnen Räumen zusammenstellt.

Sammlungsschwerpunkte
Beim Gang durch die neue Ausstellung wird das Augenmerk auf die Sammlungsschwerpunkte gelenkt. Dazu zählen zum Beispiel die blauweißen chinesischen Porzellane, die den Kern der Sammlung ausmachen. Sibylla Augusta erweiterte diesen Bestand um typische und erlesene Kangxi-Porzellane.

Dem Grundstock der Sammlung, der Kunstkammer aus der böhmischen Heimat der Markgräfin, ist der südöstliche Raum am Anfang der in den Grundzügen auch chronologisch geordneten Raumfolge gewidmet. Anschaulich wird hier ein wesentliches Merkmal der gesamten Sammlungen Sibylla Augustas: Auch Porzellan galt für die Markgräfin als Schauobjekt, das wie ein Kunstkammerstück von allen Seiten betrachtet werden soll und damit auch den Kunstverstand und Geschmack der Sammlerin demonstriert. Diese Anforderung erfüllen beispielsweise auch fünf Exemplare der Guan Yin, der Göttin der Barmherzigkeit und des weisen Laotse, die in Böttgersteinzeug und Porzellan nach chinesischen Vorbildern auf ausdrücklichen Befehl August des Starken nach 1711 gefertigt wurden. In der Sammlung der Markgräfin bilden sie die Glanzstücke.

Älteste und einzigartige Zeugnisse
Zu den ältesten Zeugnissen chinesischer Keramik in fürstlichen Sammlungen Europas gehören Yixing Steinzeuge. In Favorite spiegelt sich in den großen außerordentlich seltenen Yixing Prunkvasen und den Steinzeugen der holländischen Manufaktur Ary de Milde die ganz besondere Vorliebe der Markgräfin für die „rote holländische Erde". Zu den beeindruckendsten und seltensten, ja einzigartigsten Zeugnissen des Bestandes zählen die 33 Kannen, Vasen und Ziergefäße, die unter Johann Friedrich Böttger in Meißen gefertigt wurden. Unter den Böttgersteinzeugen finden sich einzigartige Zeugnisse der ersten Meißener Produktionsjahre, von denen einige schon 1711 im Dresdner Warenlager der Manufaktur dokumentiert sind. So auch die berühmte „gemuschelte Flasche" aus marmoriertem Steinzeug. Die Meißener Porzellanfiguren und das sogenannte „Jaspisporzellan" mit den kunstvoll geschliffenen Oberflächen sind als Kostbarkeiten aus Favorite weltberühmt.

„Schwartz Porcelain"
Durch die Rückerwerbungen in der Versteigerung 1995 ist ein herausragender Schwerpunkt in der Sammlung Meißener Porzellane der Markgräfin Sibylla Augusta nun wieder zu bewundern. Es handelt sich um die Böttgersteinzeuge mit schwarz lustrierten Glasuren, die den Eindruck von Lackgefäßen erwecken. Außerhalb Dresdens befindet sich in keiner anderen historischen Sammlung so viel „Schwartz Porcelain". Die ebenso kostbaren wie seltenen Porzellane mit den feinen Dekoren in Gold- und Emailfarben entsprachen in ganz besonderer Weise dem Geschmack der Markgräfin. Entsprechend ihrer Faszination für die exotische „Laccinage" unterhielt sie auch eine höfische Lackwerkstatt, die ein Lackkabinett für die Residenz in Rastatt, zahlreiche Möbel und selbst einfachere lackierte Gefäße gefertigt hatte.

Weiße Böttgerporzellane
Die große Kennerschaft, mit der die Gemahlin des „Türkenlouis" auch die ersten weißen Böttgerporzellane sowie erste Zeugnisse früher Meißener Farbdekorationen, der Blaumalerei, sammelte, ist beim Gang durch die Ausstellung klar zu erkennen. Zum reichen Favoriter Bestand der Porzellane mit Chinoiserien im Stil des Johann Gregorius Höroldt, dem die Meißener Manufaktur nach seiner Berufung im Jahr 1720 das Gelingen der Farbdekoration in Muffelfarben verdankte, zählen zwei besonders fein gemalte Kaffee- und Teeservice, die die Markgräfin möglicherweise ihrem Sohn Ludwig Georg – etwa bei seinem Regierungsantritt im Juli 1727 – zum Geschenk machte.

Alabaster- und Kristallgefäße
Der reiche Bestand an Alabastergefäßen, Ziervasen mit aufgemalten Chinoiserien, zwei große Garnituren Koppchen und Unterschalen mit Schwarzlot und eisenroten Genreszenen, gedrechselte Ziervasen und Statuetten zählt zu den Kostbarkeiten der Sammlung, zu denen kaum Vergleichsstücke aus zeitgenössischen Sammlungen bekannt sind. Sibylla Augusta, die die Säulen des Hochaltars in der Rastatter Schlosskirche ebenfalls aus Alabaster errichten ließ, hat dieses Material offenbar sehr geschätzt. Alabaster ist in seiner Farbe dem Porzellan und in seiner Oberflächenwirkung dem Stein verwandt. Mit zu der Sammlung gehören die asiatischen, d.h. chinesischen und japanischen Porzellane mit mehrfarbigen Dekoren, die jedoch an Umfang kleiner und Bedeutung geringer als die blau-weißen chinesischen Porzellane sind. Ein abschließender Höhepunkt der Ausstellung ist die Glassammlung. Prunkpokale mit meisterhaften Schliffdekoren, aber auch die Tischgarnituren mit Zwischengold und Rubinglas-Medaillons vermitteln wie kaum in einer anderen Sammlung die hohe Kunstfertigkeit böhmischer Glasschleifer zu Beginn des 18. Jahrhunderts und zeugen von dem Kunstverstand und Geschmack der Sammlerin.

Die Neupräsentation wird nun den Rundgang durch die Sommerresidenz bereichern und eine weitere Attraktion neben den in Reichtum und Originalität einzigartig ausgestatteten Prunkräume bilden. Auch das neu eingeführte Programm der Sonderführungen in der Reihe „Aspekte eines Zeitalters" behandelt als Schwerpunkt Themen über die Porzellan-, Glas- und Fayencesammlungen.
 

Der geheimnisvolle schwarze Glanz lockt nach Schloss Favorite - auch an den Feiertagen!

"Schwartz Porcelain", die Ausstellung im Schlösschen Favorite bei Rastatt, ist ungewöhnlich. "Die Leidenschaft für Lack und ihre Wirkung auf das europäische Porzellan" macht eine Mode des frühen 18. Jahrhunderts zum Thema - und die hat ihre Faszinationskraft bis heute bewahrt. Der Besucherandrang im graziösen Lustschlösschen in der sonnigen Rheinebene ist beträchtlich. Wegen des regen Interesses öffnet die Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten Schloss Favorite bei Rastatt auch an den Feiertagen: am 1. Mai, an Himmelfahrt und an den Pfingstentagen sind Schloss und Ausstellung zugänglich. Wenn das Wetter mitspielt, kann man in der linden Luft des Oberrheines durch den Schlossgarten spazieren - und danach eines der verspieltesten, dabei aber kostbarsten Schlösser des Landes zusammen mit einer einzigartigen Ausstellung besichtigen.

Ostasiatische Porzellane und Lackarbeiten und ihre nicht weniger kunstvollen europäischen Nachahmungen waren im 17. und 18. Jahrhundert ungeheuer wertvoll und gesucht. Sie wanderten in die Preziosensammlungen der Fürsten. Das Schloss Favorite bei Rastatt besitzt seit jeher eine wunderbare Sammlung solcher Stücke. Seine Erbauerin, Markgräfin Sibylla Augusta von Baden-Baden (1675-1733), war passionierte Sammlerin der ersten Stunde. Sie trug eine der kostbarsten Kollektionen dieser Art zusammen. Was bei ihr die Sammelleidenschaft auslöste, das fasziniert noch heute - und zwar, wie sich jetzt in Favorite zeigt, internationale Fachleute und erklärte Porzellanliebhaber ebenso wie zahlreiche Laien. Für die einmalige Sonderausstellung "Schwartz Porcelain. Die Leidenschaft für Lack und ihre Wirkung auf das europäische Porzellan" gelang es, in langwieriger Vorbereitung mehr als 100 dieser außerordentlich seltenen und wertvollen Raritäten aus großen Museen und Privatsammlungen der ganzen Welt in das Porzellanschloss zu holen. Stilvoll präsentiert in dem festlich barocken Rahmen des Schlosses ist "Schwartz Porcelain" schlichtweg ein Augenschmaus und ästhetisches Erlebnis.

"Schwartz Porcelain", Ende März eröffnet, ist noch bis Ende Juni zu sehen. Gerade jetzt lohnt der Besuch: Der späte Frühling mit seiner Wärme, seinem Licht und seinen Farben ist atmosphärisch die beste Zeit, um Schloss und Park als heiter blühendes Gesamtkunstwerk in der milden Rheinebene zu erleben. Die Ausstellung mit den einzigartigen Porzellanen und Lackarbeiten ist der perfekte Anlass für einen Besuch.

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