elegant // epressiv - Von Houdin bis Rodin

 

elegant // expressiv
Von Houdon bis Rodin

Französische Plastik des 19. Jahrhunderts
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
28.4.2007 - 26.8.2007

Erstmals in Deutschland zeigt die Staatliche Kunst-halle Karlsruhe einen Überblick über die Entwicklung französischer Plastik von der Aufklä-rung bis zur frühen Moderne. In fünf Abschnitten werden rund 160 Werke von mehr als 30 Bildhauern und Bildhauerinnen zu sehen sein - darunter Jean-Antoine Houdon, François Rude, Pierre-Jean David d'Angers, Auguste Préault, James Pradier, Jean-Baptiste Carpeaux, Marcello, Jules Dalou, Edgar Degas, Paul Gauguin, Henri Matisse und Auguste Rodin. Etwa 140 Leihgaben von mehr als 30 öffentlichen und privaten Leihgebern aus Frankreich, der Schweiz und den Niederlanden ergänzen den großartigen eigenen Bestand. Das Spektrum der Ausstellungsstücke reicht vom überlebensgroßen Standbild bis zur intimen Statuette, ausgeführt in Marmor, Bronze, Terrakotta, ebenso wie Gips, Holz oder Wachs. Formvollendung begegnet so ,modellierter Flüchtigkeit'.

Die Ausstellung macht den Grundkonflikt zwischen Eleganz und Ausdruckskraft sichtbar, der das bildhauerische Arbeiten des 19. Jahrhunderts beherrscht - was der Titel "elegant // expressiv" andeutet. Dargestellt wird weniger eine Abfolge von Stilen als der Widerstreit künstlerischer Haltungen: klassizistische Strenge gegen romantische Emotion, gefällige Grazie contra bittere Satire, Konvention versus Freiheit.

Napoleons Kunstraub beflügelte um 1800 eine Antikenbegeisterung, die Bildhauer der Aufklärung wie Houdon bereits ergriffen hatte. Seine klassische Formensprache lebte bei jüngeren Bildhauern wie Cartellier oder Pradier fort. Ihr zum Grazilen neigender akademischer Stil beherrschte die Salonausstellungen und öffentlichen Denkmäler. Gegen diesen Hang zum Klassischen kämpften folgende Generationen immer wieder neu an. Von der Romantik bis zur frühen Moderne forderten sie das Recht auf Subjektivität ein: Spontaneität im Modellieren, Übersteigerung von Gestik und Mimik, Aufeinanderprall von scheinbar Unvereinbarem, ja selbst Hässlichkeit um der Wahrheit willen. Romantik bedeutete in Frankreich nicht melancholische Meditation, sondern befreite Ausdruckskraft. Dem unbändigen Talent des jungen Rude gelang dies sogar bei einem großen Staatsauftrag: Sein Monumentalrelief der "Marseillaise" am Pariser Arc de Triomphe - in der Ausstellung durch einen Bozzetto präsent - löst sich von antikischen Formeln und führt revolutionären Aufbruch mitreißend vor Augen.

Der Preis für solchen Widerstand gegen Konventionen war hoch. Vergessen wurde einer der eigenwilligsten Romantiker, Préault, dessen Bedeutung erst Rodin erkannte. Für den Ausdruck des Subjektiven musste ein Markt erst geschaffen werden. David d'Angers fand mit Medaillons und Büsten berühmter Zeitgenossen eine besondere Marktlücke. Ob Lord Byron, Johann Wolfgang von Goethe oder Victor Hugo, seine zu Hunderten modellierten und in Bronze gegossenen Bildnisse atmen eine frappierende Vitalität. Dem erfolgreichen "Animalier" Barye garantierte der Kunstmarkt mit dem Vertrieb kleiner Tierplastiken seine Existenz.

Es ist zugleich die Zeit, in der die Plastik auch karikaturhafte Züge annimmt - voller Witz, doch politisch unbedenklich bei dem jüngeren Dantan, erbarmungslos kritisch bei Daumier. Der Zensur wegen blieben dessen plastische Werke zeitlebens im Verborgenen. Erst nach seinem Tode in Bronze gegossen, inspirierten sie nicht nur Rodin. Als Paris im Zweiten Kaiserreich eine große Wirtschaftsblüte erlebte, gelang Bildhauern wie Carpeaux und Carrier-Belleuse sowie der durch ihr männliches Pseudonym getarnten Künstlerin Marcello eine erstaunliche Gratwanderung zwischen klassischen wie barocken Traditionen und befreitem Selbstausdruck. Sie befriedigten die Sehnsucht des Bürgertums nach repräsentativer Pracht.

Die vorausweisende Kraft seines späteren Werkes erstaunt um so mehr, wenn man bedenkt, dass Rodin bei Carrier-Belleuse, einem Meister der eleganten Form, in die Lehre ging. Der Verzicht auf Harmonie, Regelbruch durch das Zusammenfügen unterschiedlicher Fragmente und das Modellieren als Ausdruck auch erotischer Energien - dies sind Neuerungen, durch die er alle Bildhauer seiner Zeit überragt. Sein bedeutendster Rivale Dalou verstand es, bürgerliche Genremotive in perfekten Formen auszufeilen und für Arbeiterdenkmäler einen heroischen Realismus zu entwickeln.

Rodin war es schließlich, der mit dem fragmentierten Körper die Tür zum 20. Jahrhundert aufstieß. Doch wird der Weg in die Moderne nicht eingleisig verengt. Er bleibt vielmehr mit Degas' "14-jähriger Tänzerin" aus Dresden, Matisse' übersteigerten Körperformen und Maillols klassischer Gegenbehauptung verzweigt und durch Gegensätze bestimmt.

Führungen:
täglich, außer Montag, um 15 Uhr

Themenführungen:
Sonntag um 15 Uhr und Dienstag um 11 Uhr

Führungen in französischer Sprache:
Samstag um 14.30 Uhr

   

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