Im allgemeinen Bewusstsein wurde die Flora zum Synonym
des Jugendstils, doch die Tierwelt war nicht weniger artenreich
und nicht minder Inspiration für die Künstler
der Zeit. Die thematische Sonderausstellung im Bröhan-Museum
zeigt erstmalig etwa 300 Tierplastiken und Objekte des
Kunsthandwerks mit animalischen Applikationen und Dekoren
aus verschiedenen Materialien wie Porzellan, Metall, Glas,
Fayence, Leder oder Holz. Grafik und Gemälde sind
ebenfalls zu sehen. Die umfassende Schau aus eigenem Bestand
verdeutlicht, dass neben dem Farben- und Formenreichtum
auch oftmals eine versteckte Symbolik durch den Jugendstil
transportiert wurde.
Die Gründe, weshalb vor allem im Kunsthandwerk bestimmte
Tiere motivisch verarbeitet wurden, waren unterschiedlicher
Natur. Schwäne wurden um ihrer wellenförmigen
Hälse willen gewählt, die Schlange auf Grund
ihres langen, sich windenden Körpers, während
Pfaue wegen ihrer ausgefallenen Federn und schillernden
Farben interessant waren. Schmetterlinge und Libellen inspirierten
wegen ihrer filigranen Flügel; Fledermäuse, Krebse,
Quallen oder Seepferdchen bestachen durch ihre sonderbaren
Formen. Zunehmend wurden auch Tiere bevorzugt als dekorative
Motive verwendet, die bisher von der europäischen
Kunst vernachlässigt worden waren, wie beispielsweise
Insekten. Der aufkommende Japonismus spielte hierbei eine
nicht unwesentliche Rolle, denn die Vorliebe für Schwäne,
Libellen oder Kraniche teilte der Jugendstil mit der ostasiatischen
Kunst, aber auch der genaue Blick für Kleintiere hatte
hier eine seiner Ursachen.
Genauso wie die Kunst des Jugendstils sich auffallend
für alles Organische, Pflanzliche und Kreatürliche
interessierte, sind auch Tiere von großer Bedeutung.
Zudem liebt der Jugendstil die Metamorphose, die Mischwesen,
die aus Tier und Mensch oder aus Mensch und Pflanze entstehen.
Ebenso kann diese Verwandlung aber auch zu einer eigentümlichen
Verlebendigung der Dinge führen. Das Dunkle und Abgründige
fasziniert und so sind es auch die Tiere der Nacht oder
der Finsternis, die sogar oft mit einer Phobie verbunden
werden wie Schlange und Fledermaus, Eule, Rabenvögel,
Lurche, die sich als Applikationen, Dekore oder Bilder
auf Gegenständen des täglichen Gebrauchs finden
lassen. Dieser „Nachtseite“ des Jugendstils
steht eine hellere, freundliche Seite gegenüber. Heimische
und exotische Tiere werden in vielfältiger Weise von
bekannten Tierbildhauern dargestellt. Das Tier verkörpert
eine andere, fremde zugleich aber auch verwandte Evolutionsstufe.
Zur Ausstellung findet ein umfangreiches Rahmenprogramm
statt Weitere Informationen:
Zur Ausstellung ist eine Katalogbroschüre mit 64 Seiten
und 77 meist farbigen Abb. zum Preis von 10,- € erschienen
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