Rezensionen


 

Ruch, Martin, Albert Schwarz, Brigitte Sum-Herrmann: »Gestochen unscharf«. Der Schwarzwald.
Mit 190 Illustrationen und Bildern um 1900. - Arnsberg: Becker-Druck, 2012, 120 S.,
ISBN 978-3-930264-98-8, 28,80 €

 

Schon wieder, oder noch ein Buch über den Schwarzwald, der gerade von den Tourismusverbänden als die beliebteste Ferienregion Deutschlands genannt wurde, also ein weiteres zu den vielen, die es schon gibt? Hier nun allerdings nicht aus der Sicht eines Reiseschriftstellers, Wanderers oder Restaurantführers. Nein, es sind Bilder aus der Zeit um 1900, die Künstler und Fotografen festgehalten haben und die für eine Ausstellung des Heimatmuseums Vogtbauernhof in Gutach im Frühjahr 2011 zusammengetragen wurden, im wesentlichen ausgewählt aus ihrem eigenen Archiv, gleichzeitig systematisch erfasst und digitalisiert. So drang eine populäre Druckgrafik aus Lithografien, Holz- und Stahlstichen zusammen mit den ersten Fotografien und Künstler-Gemälden an die Öffentlichkeit, um uns nun ein Bild der damaligen Zeit liefern zu wollen.

Das Buch beginnt mit einer ganz kurzen Einführung in die Geografie und Natur sowie Siedlungsgeschichte des Schwarzwaldes und geht dann über in eine bildliche und textliche Darstellung dessen, was den Schwarzwald ausmacht, gegliedert in sieben Themenbereiche, beginnend mit den ersten Ansiedlungen, meist durch die Klöster und die dann fortlebten als Einzelhöfen, Dörfern und kleinen Städtchen, ruhig und abgeschieden. Der Tourismus begann erst allmählich mit dem Eindringen von Bahn und Automobil. Bis dahin bestimmten Alltag und Arbeit das Leben und Überleben, Feste und Feiertage boten die notwendige Abwechslung mit Brauchtum und Trachten. Stellenweise ließen sich auch Künstler nieder und versuchten abzubilden, was sie sahen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem mittleren Schwarzwald, was ja auch mit der Lage der Vogtsbauernhöfe zusammenhängt.

Nach Meinung der Autoren hat diese liebliche Landschaft des mittleren Schwarzwaldes eine lebendige Künstlerszene entstehen lassen, fern der unwirtlichen Höhen des Hochschwarzwaldes, so dass das beschauliche Gutach sich hat als Malerdorf entwickeln können und Künstler wie Hasemann, Hagemann, Liebich und andere hier ein Wirkungsfeld fanden. Dabei wird übersehen, dass doch auch die höchsten Höhen des Schwarzwaldes die Künstler angezogen und mit ihren Schneebildern von Hauptmann und Dietsche dazu beigetragen haben, das Bild des Hochschwarzwaldes in die Welt zu tragen.

Auch versetzen die Autoren den bedeutendsten Maler des Schwarzwaldes, Hans Thoma, dem gerade eine repräsentative Ausstellung im Frankfurter Stä- del gewidmet war, nach Bonndorf als seine Heimat, und übersehen dabei, dass dessen Heimat Bernau ist, in die er verbunden immer wieder zurückkehrte, dorthin seine Kommilitonen in den Ferien mitnahm, später seine Lehrerkollegen. Durch ihn haben sich viele Künstler dort zeitweise niedergelassen, haben länger oder dauerhaft dort gewohnt und gearbeitet, einige sind auch dort gestorben und begraben. So ist das hoch am Himmel gelegene Bernau ein wahres Künstlerdorf geworden, das bis auf den heutigen Tag seine Ausstrahlung hat, was sich durch die regelmäßige Verleihung des Hans-Thoma-Preises als Staatspreis des Landes Baden-Württemberg innerhalb der Hans-Thoma-Tage jeweils Anfang August, manifestiert und natürlich auch durch das Hans-Thoma- Kunstmuseum.

Abgesehen von diesem Fauxpas, sind der eigentliche Text wie auch die Abbildungen eine interessante, teilweise sogar spannende Lektüre, für die im wesentlichen Dr. Martin Ruch von der Kulturagentur »Am Oberrhein« verantwortlich zeichnet, so dass aus einem Bildband populärer Druckgrafik im Zusammenklang mit gut formulierten Texten ein neues und informatives Buch über den Schwarzwald, zumindest seines Mittelteils, entstand, das vornehmlich das ländliche und dörfliche Leben thematisiert.

Dr. Rolf Fuhlrott

4/2014
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