Rezensionen


 

Karl-Heinz Häcker: Zeichen der Siege - Zeichen der Trauer. Eine Dokumentation.
Heimatverein Kraichgau e. V., Eppingen, Sonderveröffentlichung
Nr. 36, 2011, 360 Seiten, 671 Farbbilder, fest gebunden, mit zwei Karten auf Vor- und Nachsatz und 13 Tabellen ISBN 978-3-921214-45-9, € 29,90

 

Der Heimatverein Kraichgau lud am 21. Juni 2011 in den historischen Sitzungssaal des Rathauses Bruchsal, um die neueste Sonderveröffentlichung vorzustellen. Mit 60 Teilnehmern war das Echo bei einem so schwierigen Thema sehr groß. Kraichgau TV führte ein Interview, das auf »Landfunker.de« im Internet zu sehen ist. Die Begrüßung machte Stadtarchivar Thomas Moos, Oberbürgermeisterin Cornelia Petzold-Schick fand äußerst lobende Worte und der Vorsitzende des Heimatvereins, Bernd Röcker, sorgte mit seinem Kurzvortrag »Kriegerdenkmale als Ausdruck kollektiver Erinnerung« für die geschichtliche Einordnung.

Die Oberbürgermeisterin zeigte sich gut vorbereitet, stellte die anschauliche Aufbereitung des Buches heraus, mit dem besonders auch die junge Generation angesprochen werde, für die die Schrecken der Kriege in weiter Entfernung liegen.

66 Jahre nach dem Ende des schrecklichsten aller Kriege liegt nun eine umfassende und durchgehend bebilderte Dokumentation vor uns, die die Erinnerung an Trauer und Leid wach hält. Wieso kommt es eigentlich so spät? Jahrzehnte der Geschichtsvergessenheit mussten ins Land gehen. Nur nicht daran rühren und erinnern war oft die Devise.

Drei Jahre hat Häcker an seinem Buch gearbeitet, streifte unermüdlich mit Kamera und Notizbuch durch das Land, sprach mit Gemeindevertretern, Pfarrern, Kirchendienern, Lehrern, Friedhofsbesucher und Passanten auf der Straße; führte ungezählte Telefonate und schrieb E-Mails ohne Ende - oft bekam er keine Antwort. »Bei uns gibt’s nix« oder »Unser Bürgermeister ist neu, der kennt sich noch nicht aus«. In vielen kleinen Gemeinden des Kraichgaus war das Geschichtsbewusstsein unterentwickelt, in den größeren war die Unterstützung mit Daten und Fakten in der Regel besser, wofür sich Häcker in seiner Rede herzlich bedankte.

Oft war leider festzustellen, dass die Menschen mit dem Begriff »Kriegerdenkmal« nichts anzufangen wussten, oder gar eine Kriegsverherrlichung darin sahen. Dies war auch der Grund, wieso nach dem Kriege die Denkmale wegen Straßenbaumaßnahmen leichtfertig zerstört wurden oder im besten Falle auf dem Friedhof oder in der Aussegnungshalle neu aufgestellt wurden.

Leider werden die Denkmale nicht immer respektvoll behandelt. Sie sind teilweise mit Gestrüpp oder Rasen zugewachsen, die Schriftzeichen mit den Namen der Toten sind mit Flechten und Moos überdeckt - und niemand scheint es zu stören.

Zeichen der Siege, wie es im Buchtitel heißt, sind deutlich in der Unterzahl und beziehen sich auf den Krieg 1870/71. Ganz überwiegend sind die Zeichen der Trauer für die Toten der beiden Weltkriege.

Im Zuge seiner Recherchen kam Häcker zu dem Ergebnis, dass es im Kraichgau 350 Gräber von deutschen Soldaten gibt - viel mehr als erwartet. Die Gräber sind alle aus dem Jahr 1945, als die Soldaten während des Rückzuges fielen. Deutsche Soldatengräber aus der Zeit des 1. Weltkrieges existieren im Kraichgau nicht, da die Soldaten außerhalb Deutschlands fielen.

Insgesamt kommt Häcker im Kraichgau auf über 31 000 Kriegstote. Davon entfallen auf 1870/71 201, auf 1914-18 10158 und auf 1939-45 20789 Kriegstote. Die Statistik kann aber nicht vollständig und allumfassend sein, dazu sind die zu Grunde liegenden Zahlen der eingesehenen Unterlagen mit vielen Unsicherheiten behaftet. Wenn man zu den Kriegstoten die Zahl der betroffenen Familienmitglieder zählt - denn oft handelte es sich bei den Toten um den wesentlichen Ernährer der Familie, auf dem alle Zukunftshoffnungen ruhten - dann wird klar, wie viel Leid, Trauer und Elend die Menschen im Kraichgau, wie auch in Deutschland und den anderen Ländern durch die Kriege zu ertragen hatten.

Umso wichtiger ist es, die Zeichen der Trauer mit Respekt zu behandeln, die kollektive Erinnerung wach zu halten, und die wesentliche Botschaft der Kriegerdenkmale zu beherzigen: Frieden zu halten unter den Menschen.

Dieter Müller

4/2011
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