Die von Napoleons Gnaden zu Anfang des 19. Jahrhunderts
erheblich vergrößerte Markgrafschaft Baden umfasste
ganz unterschiedliche Rechtsgebiete: Allerlei Landrechte, Stadtrechte,
Erbordnungen und Kirchenrechte galten in einzelnen Teilen des
Landes. Der inzwischen zum Großherzog aufgerückte
Landesherr Karl Friedrich entschied daher, den in Frankreich
geltenden Code Napoleon als neues gemeinsames Zivilgesetzbuch
einzuführen. Allerdings ist das französische Gesetz
nicht unverändert übernommen worden, sondern seine
Artikel wurden in Karlsruhe durch eine Reihe von Zusätzen
der hierländischen Landesart und Sitte angepasst. So behielt
man etwa für den Bauernstand die Vererbung geschlossener
Hofgüter bei, um eine Zersplitterung von landwirtschaftlichem
Besitzes zu verhindern. Am 1. Januar 1810 ist das neue Badische
Landrecht in Kraft gesetzt worden. Dank seiner für jedermann
verständlichen, meist fortschrittlichen Regelungen wurde
das Gesetzeswerk von den Badenern bereitwillig angenommen. Es
galt bis zur Einführung des BGB am Anfang des 20. Jahrhunderts.
Die soeben erschienene Schrift stellt das Gesetzesprojekt in
die spannungsgeladene, von Frankreichs Vorherrschaft geprägte
Zeit, sie beschreibt die Redaktionsarbeit des verdienstvollen
Staatsrats Brauer, sie vermittelt die Ursprünge und den
Geist des Gesetzbuches, sie erläutert die Einbeziehung handels-
und urheberrechtlicher Normen. Und im Rückblick wird deutlich,
wie sehr Brauers Werk über Baden hinaus einen Markstein
auf dem Wege zur deutschen Rechtseinheit darstellte. In diese
bewegte Geschichte der Rezeption des Code Civil hat der Verfasser,
Professor an der Universität Lausanne, in klarer Sprache
eingeführt. Eine Reihe historischer Abbildungen veranschaulicht
das Geschehen. Beifall verdienen die ausführlichen Fundstellen
im Anhang des Büchleins, da sie in ihrer Gesamtheit eine
reiche Quellensammlung zu unserem Thema abgeben.
Dr. Reiner Haehling von Lanzenauer |