Karlsruhe muss eine Stadt von höchstem Interesse an seiner
Architektur sein, wenn man die zahlreichen Buchdokumentationen
seiner Architektur betrachtet! Nun eine weitere? Diese neue aber
fällt schon rein äußerlich durch ihr großes
DIN-A4-Querformat mit zwei neugierig machenden Weitwinkelfotografien
auf, vom Schloss und einem Boulevard, dazwischen der Buchtitel »Karlsruhe
im Panorama«.
Gespannt schlägt der Leser - obwohl es hier nichts zu Lesen
gibt - das Buch, oder besser den Bildband auf und ist fasziniert
von der Wirkung der jeweils doppelseitig abgebildeten Schauplätze
dieser Stadt in einer noch nie gesehenen - auch in der realen
Wirklichkeit nicht - Panoramawirkung. Der Autor, oder besser
der Fotograf, ist ein weltweit bekannter und mit höchsten
Preisen ausgestatteter Lichtbildkünstler, der mit einer
besonderen Technik eines auf einem Stativ montierten Panoramakopfes
mit seiner Kamera einen Bildwinkel von 180° bis 360° wiedergeben
kann, was mit der Drehung des Kopfes kaum zu erreichen ist, und
so mit seinen zusammengesetzten Bildern eine neue Sicht der Architektur,
der Straßen und Plätze dieser Stadt erreicht. So wird
mit ca. 50 doppelseitigen Panoramabildern die Lust zum Schauen
auf Schönes geweckt, hier auf die Architektur und Stadtgestalt
- allerdings nur bildlich, ohne ausreichende Information!
Der Betrachter, vor allem der Nichteinheimische oder gar der
Ausländische - an den sich ja die Bilder mit ihren englischen
und französischen Bildlegenden wenden - hätte sicher
gerne gewusst, wo sich die abgebildeten Örtlichkeiten befinden,
vielleicht, um sie aufzusuchen, was mittels eines beigegebenen
Stadtplanes und markierten Punkten hätte geschehen können;
dies wird leider sehr vermisst.
Ja, und dann die Bildlegenden selbst, die nicht vom Fotograf,
sondern ausdrücklich vom Verlag stammen, haben auch ihre
Tücken. Sie vermitteln kein einheitliches Bild der Bildinhalte.
Mal wird Wichtiges hervorgehoben, mal Unwichtiges, z. B. S. 35 »Gottesauer
Platz« mit zentralem Blick auf die Lukaskirche ohne dass
diese benannt wird, oder S. 63 »Blick auf die Kriegsstraße« ohne
dass der abgebildete Bundesgerichtshof von Durm erwähnt
wird, oder umgekehrt S. 14 »Marktplatz mit Pyramide« oder
S. 103 »Das Karlsruher Schloss mit Brunnen im Vordergrund«,
wobei Pyramide und Brunnen das Bild dominieren und nicht extra
erwähnt werden müssen, oder wenn Verstecktes hervorgehoben
wird und offen Sichtbares nicht wie auf S. 58 »Prinz-Max-Palais« (»links«,
damit man es auch findet!) und die sichtbare Münze
von Weinbrenner nicht genannt wird. Auch bei den Gebäudebezeichnungen
hält man sich nicht an die offiziellen Namen, so steht auf
S. 8 nur »Kunsthalle« statt Staatliche Kunsthalle,
oder S. 28 »Staatstheater« statt Badisches Staatstheater.
Auch die Übersetzung der Legenden ist uneinheitlich: mal
heißt es S. 21 englisch »The Friedrichsplatz«,
S. 23 aber »The Mendelssohn Place«, für deutsche
Ohren dann ganz ungewöhnlich die weibliche französische
Form für »La Kaiserplatz« S. 71. Besonders vermisst
werden bei »den architektonisch bemerkenswerten Gebäuden
.... berühmter Architekten«, wie es im Vorwort heißt,
die Architektennamen bei den erwähnten Gebäuden in
den Bildlegenden: Namen wie Weinbrenner, Hübsch, Durm, Berckmüller,
Billing, Curjel+Moser bis hin zu Mohl und Ungers haben überregionalen,
ja internationalen Klang, wodurch Karlsruhe zur begehbaren Baugeschichte
wird.
Aber wir wollen nicht übertreiben, abgesehen von diesen
Marginalien, liefert das Buch hervorragende Einblicke in die
Stadt Karlsruhe mit einer ganz neuen (Rundum-)Sicht. Ein Buch,
das man jedem Freund der Stadt schenken kann, das jeder (Karlsruher)
Architekt wird haben wollen und auch für jeden (künstlerischen)
Fotografen eine Offenbarung sein wird.
Dr.-Ing. Rolf Fuhlrott
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