In »Nackte Wahrheit. Deutsche und Franzosen. Eine Polemik« von
1994 hat sich Graf als »Gedankenschmuggler zwischen dem
Elsass, Frankreich und Deutschland« bezeichnet, der »auf
französisch und deutsch« träumt. Diese Arbeit
setzt Graf im neuen Band fort und so ist es, »Aufgabe dieses
Buches, die Kopfgrenzen der Elsass-Besucher zu sprengen«.
Kopfgrenzen stellt Graf aber auch bei den Elsässern fest:
Ihre »geistige Schlafmützigkeit« (S. 160), ihre »Verkrampft
heit«, auf dem Traums der deutschen Besetzung des Elsass
sitzen zu bleiben (S. 136). Vor allem aber haben die Elsässer »ihre
deutsche Zungen freiwillig abgeschnitten«! (S. 125). »Die
Elsässer sprechen Französisch«. Nach 1945 lebten
die »Elsässer heimatlos in der eigenen Heimat zwischen
Rhein und Vogesen« (S. 286). Für Deutsche und Elsässer
liegt die Zukunft »in den Händen der zweisprachigen
Kinder, erzogen durch deutsch-französische Ehepaare « (S.
109). Die Zukunft der Region sind nicht die Elsässer, »sondern
die Deutschen und Franzosen, die zusammen deutsch-französische
Kinder erziehen « (S. 136). Diese zentrale Botschaft des
Buches wird deshalb auch immer wieder an Ehepaaren und ihrer
zweisprachig erzogenen Kinder aufgewiesen.
Als Beispiel seien Nathalie aus Bourges und Rico aus Weißwasser
erwähnt. Ihre Kinder Valentine (9), Rodrigue (4) und Rosalie
(2) »Sie spricht Französisch. Er spricht Deutsch.
Oder umgekehrt. Wenn Valentine ihren Vater anschaut, spricht
sie Deutsch. Wenn ihr Blick zur Mutter wechselt, parliert sie
Französisch.« »Der Sprachwechsel findet fließend
statt.« (S. 99).
Spannend für Graf bleibt, »ob die deutsch-französischen
Paare mit ihrer mehrsprachigen Kreativität die Macht übernehmen
werden« (S. 287). Eine »europäische Metropolregion
Oberrhein«, kann, wenn sie denn kommt, nur zweisprachig
sein.
Heinrich Hauß
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