Rezensionen


 

Martin Graff: Leben wie Gott im Elsass. Deutsche Fantasien.
Klöpfer & Meyer, Tübingen 2012, 295 Seiten, gebunden, ISBN 978-3-86351-041-1, € 22,– N 978-3-940086-59-4, € 14,–

In »Nackte Wahrheit. Deutsche und Franzosen. Eine Polemik« von 1994 hat sich Graf als »Gedankenschmuggler zwischen dem Elsass, Frankreich und Deutschland« bezeichnet, der »auf französisch und deutsch« träumt. Diese Arbeit setzt Graf im neuen Band fort und so ist es, »Aufgabe dieses Buches, die Kopfgrenzen der Elsass-Besucher zu sprengen«.

Kopfgrenzen stellt Graf aber auch bei den Elsässern fest: Ihre »geistige Schlafmützigkeit« (S. 160), ihre »Verkrampft heit«, auf dem Traums der deutschen Besetzung des Elsass sitzen zu bleiben (S. 136). Vor allem aber haben die Elsässer »ihre deutsche Zungen freiwillig abgeschnitten«! (S. 125). »Die Elsässer sprechen Französisch«. Nach 1945 lebten die »Elsässer heimatlos in der eigenen Heimat zwischen Rhein und Vogesen« (S. 286). Für Deutsche und Elsässer liegt die Zukunft »in den Händen der zweisprachigen Kinder, erzogen durch deutsch-französische Ehepaare « (S. 109). Die Zukunft der Region sind nicht die Elsässer, »sondern die Deutschen und Franzosen, die zusammen deutsch-französische Kinder erziehen « (S. 136). Diese zentrale Botschaft des Buches wird deshalb auch immer wieder an Ehepaaren und ihrer zweisprachig erzogenen Kinder aufgewiesen.

Als Beispiel seien Nathalie aus Bourges und Rico aus Weißwasser erwähnt. Ihre Kinder Valentine (9), Rodrigue (4) und Rosalie (2) »Sie spricht Französisch. Er spricht Deutsch. Oder umgekehrt. Wenn Valentine ihren Vater anschaut, spricht sie Deutsch. Wenn ihr Blick zur Mutter wechselt, parliert sie Französisch.« »Der Sprachwechsel findet fließend statt.« (S. 99).

Spannend für Graf bleibt, »ob die deutsch-französischen Paare mit ihrer mehrsprachigen Kreativität die Macht übernehmen werden« (S. 287). Eine »europäische Metropolregion Oberrhein«, kann, wenn sie denn kommt, nur zweisprachig sein.

Heinrich Hauß

4/2012
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