David
Depenau, Ernot Drücke: Karlsruhe einst und heute. Vergleichende
Stadtansichten. Verlag Regionalkultur, Ubstadt-Weiher,
2006. 120 S., 112 Farb- und s/w-Fotos, geb., ISBN 978-3-89735-461-6,
€ 19,90
Die
Erfindung der Photographie bescherte den Menschen eine neue
Form der Zeiten-Konservierung, eine Genauigkeit des Bilderbewahrens
und -erinnerns, wie es bis dahin unmöglich war. Für das
historische Bewußtsein, das Denken in historischen Bezügen,
hatte und hat dies Auswirkungen, die kaum zu unterschätzen
sind. Es ist dabei nicht nur die "realistische" Abbildqualität,
sondern in weit höherem Maße die reine Quantität der Bilder,
die unsere Wahrnehmung vergangener Zeiten verändert hat.
Alles, was irgend als Foto festgehalten, aber im Strudel
geschichtlichen Fortschreitens hinweggespült wurde, geht
nicht für immer verloren, vielmehr bleibt sein Verlust,
im erhaltenen Abbild, präsent und spürbar. Dieses durch
historische Fotos genährte Gedächtnis umstellt uns in einem
Ausmaß mit "Untergegangenem" und "Verlorenem", wie in keiner
Epoche zuvor. Wie schnell sich dieses Verlustempfinden einstellen
kann, zeigt sich beim Betrachten des Bildbandes "Karlsruhe
einst und heute", in dem historische Fotografien mit perspektiv-
und ausschnittgleichen Aufnahmen von heute verglichen werden.
Die Zeit ist eine zerstörerische Kraft, läßt sich hier lernen,
und was sie dafür an Neuem gebiert, ist denn doch oft ohne
Charme und muss sich seine eigene historische Evidenz erst
noch erringen. Angesichts der gezeigten Photos ließe sich
jedenfalls nur schwerlich belegen, die Stadt habe sich ästhetisch
zum Schöneren, Besseren hin entwickelt, zu deutlich gruben
sich die Reißzähne zweier Kriege ins Weichbild Karlsruhes;
aber auch eine einst gut gemeinte "Stadtentwicklung" hat
hier Spuren hinterlassen, die man sich heute lieber verweht
wünschte. Das soll nun keinem platten "Nostalgismus" das
Wort reden, niemand möchte wohl wirklich zurück in die Zeiten
von Pferdedroschken und mangelhafter Versorgungslage, aber
ein bißchen darf einem schon das Herz bluten, wenn man sieht,
was aus mancher Ecke Karlsruhes so geworden ist.
Ernot Drücke unterzog sich als Photograph der Mühe, jene
Orte aufzuspüren, an denen seine Berufsvorgänger bereits
vor rund 100 Jahren ihre Stative aufgestellt hatten, in
der Mehrzahl der Bilder war dies Wilhelm Kratt. Und David
Depenau stellt in kurzen Begleittexten die nötigen Daten
zusammen, um die gezeigten Bildvergleiche historisch einordnen
zu können.
Karl Heinz Kees
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