Rezensionen

Helmut Engisch, Das Königreich Württemberg, 160 Seiten mit 141 meist farbigen Abbildungen, 24,5 x 29 cm, Theiss Verlag 2006. 34,90 Euro. Bernhard Mann, Kleine Geschichte des Königreichs Württemberg 1806–1918. Reihe: „Regionalgeschichte – fundiert und kompakt“. DRW-Verlag Weinbrenner, 2006, Preis: 17,90 Euro

Im Nachwort zur „Kleinen Geschichte des Königreichs Württembergs“ schreibt der Verfasser über den Historiker: „Der Historiker muss also zunächst entscheiden, welche ,Geschichte‘ er erzählen will, wem er sie erzählen will, und er muss sich darüber Gedanken machen, wie er seine Geschichte erzählen muss, dass sie beim Adressaten ,ankommt‘“. Die beiden Publikationen sind eine gute Demonstration für die angeführten Thesen.

Helmut Engischs „Jubiläumsband zum 200. Gründungstag des Königreichs Württemberg“ ist aufwändig gestaltet und erzählt im wesentlichen die Geschichte des Königreichs in Geschichten. Der Verfasser widmet sich mit Vorliebe Geschichten mit human touch, Wilhelms amourösen Affären. Karls homophilen Neigungen.

Bernhard Mann, emeritierter Professor für Neuere Geschichte der Universität Tübingen, erzählt die Geschichte der Königreichs Württemberg streng nach politischen Gesichtspunkten. Die erzählerische Absicht beeinflusst natürlich auch die Beurteilung der Herrschergestalten. Charakterisiert Engisch zum Beispiel Friedrich I. über die an Besessenheit grenzende Gründlichkeit, die königliche Organisationswut, die pompöse Prachtentfaltung, so setzt Mann andere Akzente, er hebt hervor, dass Friedrich durchaus kein Despot gewesen sei, sondern eher ein vorsichtiger, ja ängstlicher Mensch. Das Königreich war doch vor allem sein Werk und nicht das tüchtiger Minister. „Getan hat er, was er rasch – und allein – tun konnte“ (S. 51). Geschichten oder Episoden wie das „Königliche Überholverbot“ (S. 36), Hinrichtungen, das „Schlachtfest von Bebenhausen“ (S. 40) spielen für die politische Bewertung bei Mann keine Rolle und bestimmen deshalb auch nicht die Beurteilung von Friedrichs historischer Leistung. Mann meint in dem schon angeführten Nachwort, „man müsse die alten Geschichten besser erzählen. Besser nämlich richtiger, indem wir das, was uns als ,Geschichte‘ erzählt wird, mit neuem Material konfrontieren oder aber mit neuen Gesichtspunkten in Frage stellen.“ (S. 262). Die Frage bleibt, ob eine in Episoden erzählte Geschichte oder eine „politische Geschichte mit interessanten Episoden“ zu einer besseren oder richtigeren Geschichte führt.

Heinrich Hauß

4/2006
   

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