Rezensionen

Zwischen Sonne und Halbmond, der Türkenlouis als Barockfürst und Feldherr. Herausgegeben von Daniel Hohrath und Christoph Rehm im Auftrag der Freunde des Wehrgeschichtlichen Museums im Schloss Rastatt. Begleitband zur Sonderausstellung vom 8. April bis zum 25. September 2005 im Wehrgeschichtlichen Museum Schloss Rastatt. ISBN 3-9810460-0-5, 18,50 €

Der 350. Geburtstag des Markgrafen Ludwig Wilhelm und der 300 Jahre Barock-Residenz waren der Anlass für die Sonderausstellung "Zwischen Sonne und Halbmond" und des Begleitbandes. Der sehr schön gestaltete Begleitband mit einem umfangreichen Aufsatzteil und einem Katalogteil würdigt die Biographie des Markgrafen Ludwig Wilhelm von Baden und stellt sie in einen größeren Gesamtzusammenhang. So werden zum Beispiel nicht nur die "Merkmale der Kriegführung im Osten" (Christoph Rehm) und "Ludwig Wilhelm am Oberrhein" (Max Plassmann) gewürdigt sondern auch die Gegenseiten (Kroener, Die Französische Armee im Zeitalter Ludwigs XIV.; Vetter, Handlungsfreiheit und Entscheidungsspielraum der Generalität im Kabinettskrieg unter Louvois und Tapken, Die Entwicklung der osmanischen Armee).

Max Plassmann untersucht in seinem Aufsatz, Ludwig Wilhelm von Baden am Oberrhein (S. 34ff.) die "Rahmenbedingungen politischer, militärischer und wirtschaftlichen Art, um auf diese Weise zu einer besseren Einschätzung des Handelns Ludwig Wilhelms zu kommen". Lange Zeit meinte man, dem Markgrafen vorwerfen zu sollen, dass er nicht die "richtigen" Grundsätze seiner Kriegführung im Osten auch im Westen anwandte. Die Miltärgeschichtsschreibung des 19. und des frühen 20. Jahrhunderts "konnte keinen Sinn darin erkennen, verschanzte Linien anzulegen und den Krieg zu überstehen, nicht aber durch eine militärische Entscheidung gewinnen zu wollen" (S. 40). Zu berücksichtigen sind aber die Umstände, unter denen Ludwig Wilhelm das Kommando führte. Durch sein Handeln sicherte er den Vorderen Reichskreisen und ihren Ständen das politische und wirtschaftliche Überleben, "Das eigentliche Kriegsziel der südwestdeutschen Reichsstände blieb der Erhalt ihrer eigenen politischen und wirtschaftlichen Existenz" (S. 37). Die Handlungsweise Ludwig Wilhelms darf nicht unter späteren nationalen Zielen (Rückgewinnung Straßburgs) beurteilt werden.

Christoph Rehm untersucht in seinem Aufsatz "Das Bild des Markgrafen im 19. und 20. Jahrhundert" die Einschätzung, die Ludwig Wilhelm in den verschiedenen Epochen erfahren hat. Militärpolitisch hielt man lange an der negativen Beurteilung der strategischen Fähigkeiten besonders seiner "passiven Strategie" (Vermeidung möglicher Schlachten am Oberrhein, Ausbleiben großer Schlachtenerfolge) in den Operationen am Oberrhein fest. Zum anderen wurde der Markgraf für tagespolitische Zielsetzungen in Anspruch genommen. So beschrieb der Schriftsteller Friedrich Roth (1935) Ludwig Wilhelm als "eine Art Konzentrat aller deutschen Eigenschaften des Oberrheingebietes" (S. 134) oder als ein "früher Vorkämpfer einer Zeit, die sich heute erst zu erfüllen beginnt" (S. 134) - Bei der Ausstellung des Badischen Landesmuseums zum 300. Geburtstag 1955 vermied man den militär- und kriegsgeschichtlichen Zugang und wählte den "unverfänglichen kunstgeschichtlichen Einstieg" (S. 136). Die Rastatter Festschrift von 1955 meinte aber denn doch Ludwig Wilhelm als "aufrechten Charakter der Vergangenheit und als Beispiel für die Gegenwart und Zukunft des Reiches" (S. 136) herausstellen zu sollen.

Heinrich Hauß

4/2006
   

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