Dieter
Welsandt: Schlösser und Burgen in Baden-Württemberg. Jan
Thorbecke-Verlag. Stuttgart 2004. ISBN 3-7995-0119-3
Es dürfte
kaum ein Bundesland geben, das so viele schöne Burgen und
Schlösser hat wie Baden-Württemberg. Dieser Band macht den
alten großartigen Reichtum deutlich. Vor rund 200 Jahren
schien freilich die ganze adlige Herrlichkeit am Ende, durch
Säkularisation und Mediatisierung. Aber das Interesse an
diesem besonderen historischen Erbe ist ungebrochen und
ein Großteil blieb erhalten.
Eine der eindruckvollsten Ruinen, durch umfassende Sanierung
1982 gut erhalten, ist die Burg Wertheim, hoch über der
Stadt gelegen am Zusammenfluss von Tauber und Main. Voller
historischer Erinnerungen auch das Deutschordenschloss in
Bad Mergentheim oder das alte Kurpfälzische Schloss in Mannheim,
die größte Barockanlage Deutschlands, eine der bedeutendsten
deutschen Residenzen, heute von der Universität genutzt.
Die größte Schlossruine Deutschlands steht in Heidelberg,
1689 wüteten französische Soldaten in der Stadt und auf
der Burg, 1693 erfolgte die Sprengung des Schlosses; aber
die Romantik entdeckte diese Ruine ganz neu.
Schloss Schwetzingen, die Sommerresidenz der Pfälzer Kurfürsten,
ist nur 10 Kilometer von Heidelberg entfernt, eine großzügige
Schlossanlage mit dem größten Barockgarten Europas. Die
Speyrer Fürstbischöfe, aus der protestantischen Stadt vertrieben,
bauten ihre Residenz in Bruchsal, eine 12 Hektar große Barockanlage,
mit dem wunderschönen Treppenhaus, von Balthasar Neumann
geschaffen. Bomben zerstörten1945 den Schlosskomplex fast
völlig, 1975 wurde das alte Residenzschloss als "eine der
besten Wiederaufbauleistungen nach dem Zweiten Weltkrieg
in Europa" wieder zugänglich.
1689 brannten die Soldaten Ludwigs XIV. auch die Residenz
der badischen Markgrafen in Durlach völlig nieder. Markgraf
Karl Wilhelm entschloss sich, nicht nur ein neues Schloss,
sondern auch eine neue Hauptstadt zu gründen: 1715 - Karlsruhe.
Das Schloss brannte 1944 völlig aus, erhielt nach 1955 beim
Wiederaufbau sein historisches, originalgetreues Aussehen
zurück; bleibt ein badisches Wahrzeichen.
Viel älter ist Ettlingen im Herzen Badens; die Staufer verliehen
dem Ort schon 1192 die Stadtrechte, nach der Errichtung
der ersten Burg. Sie wurde im 16. Jahrhundert abgerissen,
an gleicher Stelle wurde ein dreiflügliges Renaissanceschloss
erbaut - das 1689 Mélacs Truppen nieder brannten. Zwischen
1727 und 1733 entstand das neue Barockschloss mit den prachtvollen
Stukkaturen und den Fresken des Cosmas Damian Asam in der
Schlosskapelle. - Die Geschichte des Rastatter Schlosses
beginnt mit Markgraf Ludwig Wilhelm (1655-1707), besser
bekannt als "Türkenlouis". Nachdem auch sein Schloss 1689
zerstört war, baute der Architekt Domenico Egidio Rossi
für ihn in Rastatt ab 1699 einen prächtigen barocken Residenzbau.
Im Haupttrakt ist heute das Wehrgeschichtliche Museum und
das "Freiheitsmuseum" untergebracht, in einem Kavaliersbau
ein Heimatmuseum. Besonders sehenswert ist auch die Schlosskapelle.
Der "Ahnensaal" ist der großartige Festsaal und der Mittelpunkt
des Schlosses, das seit 1989 nach gründlicher Restauration
wieder in alter Pracht erstrahlt. - Zu den bedeutendsten
Bauten der badischen Markgrafen zählt sicher das Lustschloss
"Favorite", das die Witwe des "Türkenlouis", Sybilla Augusta,
zwischen 1710 und 1725 erbauen ließ und das alle Kriege
unbeschadet überstanden hat; von 1964 bis 1982 wurde das
Gebäude unter der Regie von Professor Stopfel umfassend
restauriert. -
Hohenbaden, hoch über der Stadt im Talkessel der Oos gelegen,
war die Stammburg der badischen Markgrafen; Markgraf Hermann
II., 1130 gestorben, nannte sich als erster nach dem Ort
bei seiner Burg "von Baden", wurde so zum Namensgeber unseres
Landes. Erst 1479 verlegte Markgraf Christoph I. seine Residenz
hinunter in die Stadt, ins "Neue Schloss". - 1488 erwarben
die Fürstenberger die Stadt Donaueschingen, 1720 richtete
Joseph Wilhelm Ernst, inzwischen in den Fürstenstand erhoben,
dort seine Residenz ein und begann mit dem Bau eines Barockschlosses
unweit der "Donauquelle", in dem bis vor kurzem (!) echte
Mäzene für Kunst und Kultur lebten. - Schloss Bürgeln, bis
zur Säkularisation von 1803 Propstei des Klosters St. Blasien,
wurde 1762 total umgestaltet; die alte Benediktiner-Behausung
wurde abgerissen und ein repräsentatives Rokokoschloss erstellt.
Heute kümmert sich der "Bürgelnbund" um dieses Kleinod.
- Wahrzeichen der Macht des Markgräflerlandes im Dreiländereck
Deutschland, Schweiz und Frankreich ist die Ruine Burg Rötteln.
Die Herren von Rötteln hatten diese Burg über die Grafen
von Habsburg als Lehen von der elsässischen Abtei Murbach
erhalten, 1503 wurde Rötteln badisch, 1678 durch die Truppen
des französischen Marschalls Créqui zerstört. Seit 1926
kümmert sich der "Röttelnbund", eine der ältesten Bürgerinitiativen
Badens, um diese Ruine. - Einer der schönsten Renaissancesäle
ist der Rittersaal von Heiligenberg, ein Schloss in herrlicher
Lage über dem Bodensee. Und gleich nebenan, im Herzen des
Linzgaus, liegt Salem: 1137 als Zisterzienserkloster gegründet,
genoss Salem den Schutz von Königen und Kaisern, hatte denselben
Rang wie eine freie Reichsstadt. Nach mehreren Katastrophen
begann Ende des 17. Anfang des 18. Jahrhunderts der neue,
barocke Klosterbau. 1802 wurde das Kloster säkularisiert
und von Markgraf Ludwig Friedrich von Baden für die Familie
in Besitz genommen. 1920 gründeten Prinz Max von Baden und
der Pädagoge Kurt Martin Hahn in Salem eine Privatschule.
- Das "Wahrzeichen am Bodensee" ist die Meersburg, sie soll
schon im 7. Jahrhundert vom Merowingerkönig Dagobert (629-639)
gegründet worden sein: Sie ist also sicher die älteste bewohnte
Burg Deutschlands. Dass sie eine Attraktion ist, bleibt
dem Autor dieses Bandes, Dieter Welsandt, unbestritten;
dass die Burg aber "Am schwäbischen Meer" liegen soll, ist
schlichter Nonsens: Der Bodensee hat seinen Namen nach der
alten Kaiserpfalz Bodman am Südufer des Überlinger Sees
mit den Ruinen der karolingischen Pfalz Potoma (erstmals
genannt 757) - "am Boden-See, welcher daher Lacus Bodamicus
heißt" (vgl. Johann Hübners neu - vermehrtes und verbessertes
Reales Staats= Zeitungs= und Conversationslexikon. Regenspurg
und Wien - In Verlegung Emerich Felix Baders. 1759). Von
1841 bis 1848 lebte und arbeitete hier Annette von Droste-Hülshoff,
deren Schwager Freiherr von Lassberg 1838 die Meersburg
erworben hatte. Annette selbst kaufte sich 1843 das "Fürstenhäusle",
ein Gartenhaus in den Weinbergen von Meersburg. Dass neben
der alten Burg auch das barocke ehemals bischöfliche Schloss
- mit dem Treppenhaus des Balthasar Neumann - als "Wahrzeichen"
(diesmal der Stadt Meersburg) gepriesen wird, kann man nur
akzeptieren.
Wir haben hier bewusst nur die architektonischen Sehenswürdigkeiten
aus Baden herausgegriffen, vermissen allerdings einige Namen
wie das Malteserschloss in Heitersheim, das Wasserschloss
in Inzlingen, die Schwendi-Schlösser in Burkheim und in
Kirchhofen, Alt- und Neu-Eberstein, das Renaissanceschloss
der Grafen von Zimmern und noch viele andere.
Adolf
Schmid
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