Rezensionen

 

Martin Walter, Italienische Spuren im Landkreis Rastatt. Theiss-Verlag Stuttgart 2002. 14,90 Euro. ISBN 3-8062-1772-6.

Der badische Markgraf Ludwig Wilhelm, der "Türkenlouis", beschloss an der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert, eine neue Residenz zu bauen - in Rastatt, das seit 1404 Marktrecht besaß, aber 1689 das Schicksal vieler badischer Städte und Dörfer teilen musste und von französischen Truppen vollkommen zerstört worden war. Es ging also um den Wiederaufbau - und um die Realisation eines repräsentativen Barockschlosses. Der Markgraf hatte für das anspruchsvolle Unternehmen einen Wunschkandidaten, den italienischen Architekten Domenico Egidio Rossi. Er brachte aus seiner Heimat gleich die nötigen Fachleute mit: "Backsteinbrenner", Stuckateure, Deckenmaler, Steinmetze und Steinhauer, Maurer. 1705 war in Rastatt schließlich eines der bedeutendsten Barockschlösser entstanden. In den Kirchenbüchern aber haben diese "Hunderte von Arbeitern und Meistern italienischer Nationalität" keine Spuren hinterlassen: Keine Heiraten, keine Taufen, keine Todesnachrichten. Also: nach getaner Arbeit gingen die Gastarbeiter wieder nach Italien, Ausnahmen bestätigen die Regel.
Ganz anders war die Situation in Deutschland nach der Gründung des Zweiten Reiches, als es "wünschenswert" erschien, "für die niederen Arbeiten anspruchslose ausländische Arbeiter heranzuziehen". Nun waren wieder Italiener gefragt bei den Großprojekten Eisenbahn-, Straßen- und Talsperrenbau: "Arbeitswanderung"! Es kamen, nach der freiwilligen Arbeitsverpflichtung, die "Zwangsarbeiter", nach 1945 folgten in den Jahren des "Wirtschaftswunders" die "Fremdarbeiter", 1955 tauchte der Begriff "Gastarbeiter" auf. "Längerfristig" wollten die Italiener nicht in Deutschland bleiben. Der liberalisierte europäische Arbeitsmarkt hat aber inzwischen eine eigene Dynamik entwickelt, nicht nur für Italiener. Martin Walter hat das vielfältige Problem illustriert durch die Geschichte der Italiener im Landkreis Rastatt. Eine spannende, facettenreiche Geschichte -seit Domenico Egidio Rossi, der im Rastatter Schloss sein Meisterwerk geschaffen hat.

2/2003
   

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