Andreas
Beck, Regentage. Schwarzwaldnovellen. Clio-Verlag Konstanz
2002. ISBN 3-00006453-2.
Von
Heinrich Hansjakob hat Andreas Beck für seine "Schwarzwaldnovellen"
das Leitmotiv übernommen: "Wie ein alter, einsamer Bergfink,
auf einem stillen Tannenast sitzend, sein Lied componiert
und singt, wie es ihm aus der Kehle dringt, ohne sich zu
kümmern, ob es der Harmonielehre oder dem Kontrapunkt entspricht,
so erzähle ich meine Geschichten". Beck schreibt ganz im
Stil und in der Tradition von Hansjakob, "um die vielen
großartigen Originale meines Tales und meiner Berge zu beschreiben,
welche die Zeit hervorbringt und wieder verschluckt". Aber
es wird doch überdeutlich, dass hier einer zwei drei Generationen
später schreibt: ,,Alle diese seit Jahrhunderten geltenden
Gesetze sind in kurzer Zeit entwertet worden". Und dennoch
- so Andreas Beck - "findet sich unter einer Ascheschicht
noch jede Menge an roter Glut, die mit ein wenig nachgelegtem
Holz bald wieder kräftig lodert...".
Es sind die "großartigen Menschen", über die Beck schon
in seiner Jugendzeit in Hornberg und Gutach seinen Tagebüchern
viele Erfahrungen anvertraut hat, so dass er sie noch heute
lebensecht nachzeichnen kann. Es sind "Erinnerungen an eine
glückliche Zeit in einem langsam zerfallenden Städtchen,
in dem die auf das Gemeinwohl bedachten Bürger und Bauersleute
rar geworden ... sind". Erinnerungen z. B. an Emile Juras
"mit der fremdländischen Herkunft" und dem besonderen Talent
eines Mechanikermeisters aus den Schiele-Indusriewerken,
der so "liebevoll polierte, gefräste und galvanisierte silberne
Platten" für den rechten Oberschenkel der "Wolfsbäuerin"
liefern konnte, angefertigt in seiner Freizeit: "Der Erfolg
der neuen Gefälligkeit der Wolfsbäuerin war für ihn Lohn
genug". Aber Emile hatte "doch ein wenig in das Räderwerk
der medizinischen Geschichte eingegriffen". Oder Erinnerungen
an die "seltsamen Therapien der Sympathie-Doktorei" mit
ihrem "Hinhorchen, Nicken und Ernst nehmen", gegen die die
"Schulmedizin" im Schwarzwald sich nur mühsam durchsetzte.
Eine sehr starke Erzählung des jungen Arztes. Oder die Erinnerungen
an "Vikar Robert G." -an das "ewige Lachen, die stete Freude
und die große Zuversicht, die er ausstrahlte". Und seine
Probleme mit der Hierarchie und dem Kirchenrecht, seine
"exccmmunjcatio latae sententiae" durch das Ordinariat:
"Die vorgeschaltete Pharisäerbehörde, mit der schon sein
Herr so große Schwierigkeiten hatte, verurteilte gleich
alle beide, den der Trost brauchte und den, der tröstete".
Oder die Erinnerungen an "unsern Pfarrer Hugo", Pfarrer
der kleinen Gemeinde Sankt Johannes der Täufer in Hornberg/Schwarzwald,
für den "diese Welt höchstens ein kurzer Warteraum dritter
Klasse" war: "Er war die eigentliche Ursache meines theologischen
Suchens ein ganzes Leben lang". Dazu Erinnerungen an den
Schmied, an den Schuster, an den Baumannsbur Jakob Moser
im oberen Gutachtal-Erinnerungen an echte Originale, auf
fast 1000 Seiten, engagiert und anregend beschrieben. Aber
eben doch ganz anders als "damals" Heinrich Hansjakob: Dessen
Art z. B. über Juden zu schreiben, oder die "Unbekümmertheit,
mit der Hansjakob von der Überlegenheit der deutschen Waffen
über die Franzosen sprach", können tatsächlich nach den
geschichtlichen Erfahrungen, die dazwischen liegen, kaum
noch als Vorlage dienen. Andreas Beck hat seinen eigenen
Stil gefunden, die Geschichte unserer Täler und Berge "anders
zu schreiben".
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