Mit der Sonderausstellung
"Der lange Weg der Türken. 1500 Jahre türkische Kultur" greift
das Linden-Museum Stuttgart ein im Zeichen der EU-Osterweiterung
besonders aktuelles Thema auf: Gerade die Geschichte der Türken
nämlich ist von Migration wie von soziokultureller und religiöser
Vielfalt geprägt; Strategien zur Bewältigung beim Zusammentreffen
verschiedenster Kulturen sind als lebendige Geschichte erfahrbar.
Das Hauptanliegen der Ausstellung ist die Vertiefung des deutsch-türkischen
Dialogs, zu dem sie einen umfassenden Einblick in die Facetten
der türkischen Geschichte bietet.
Die Geschichte der Türken ist eine Geschichte der Wanderungswege:
In über 1500 Jahren stießen zahlreiche türkische Kulturen auf
ihrem Weg vom Altai über Anatolien bis nach Europa durch Eroberung,
Migration und Flucht in neue Siedlungsgebiete vor. Im Zusammentreffen
und Austausch mit anderen Stämmen und Völkern entwickelten sie
dabei beispielhafte Formen von Multikulturalität und religiöser
Toleranz, Mobilität und Flexibilität, Anpassung und Autonomie,
aber auch ganz konkrete Handels-, Heeres- und Verwaltungsstrukturen
sowie eigenständige Kunststile. Der Erfolg türkischer Reiche gründete
in ihrer besonderen Fähigkeit zur Aufnahme von Elementen aus lokalen
Kulturen der von ihnen neu besiedelten oder unterworfenen Gebiete,
die sie eigenständig in eine originell türkisch-islamische Kultur
umsetzten. Wo auch immer Türken auf ihrem langen Weg hinkamen,
haben sie die vorgefundenen Kulturen verändert und bereichert,
sind aber auch durch diese Kulturen verändert worden. Dieser Prozess
hat die gesamte türkische Geschichte geprägt und ist sicher noch
nicht am Ende.
Die Ausstellung widmet sich in einer von Museen bislang nicht
geleisteten Form türkischen Kulturen und Reichen von ihren uns
bekannten Anfängen bis in die Gegenwart. Sie zeigt erstmalig verbindende
Aspekte und gemeinsame Linien zwischen ihnen auf. Im Mittelpunkt
der Präsentation stehen beispielhaft die Reiche der Ghasnaviden,
der Groß- und Rumseldschuken sowie der Osmanen. Herausragende
Objekte machen das Zusammentreffen der Kulturen lebendig erfahrbar
und verdeutlichen die kreative Kraft von Migration, Multikulturalität
und Multireligiosität für Kunst und Kultur. Die Ausstellungsstücke
(u. a. Keramiken, Textilien und Kalligraphie) stammen aus der
eigenen Sammlung sowie den Beständen des Museums für Islamische
Kunst Berlin, des Staatlichen Museums für Völkerkunde München
und weiterer bedeutender Museen und Sammlungen.
Die Ausstellung möchte mit der Darstellung türkisch-islamischer
Kunst und der Vermittlung von Hintergrundwissen über die Herkunftskulturen
türkischer Migranten einen Beitrag zur Vertiefung des deutsch-türkischen
Dialogs leisten. Die Betonung von Migration als fortdauerndes
und belebendes Element in der türkischen Kulturgeschichte soll
nicht zuletzt zum offeneren Umgang mit den Phänomenen Migration
und Multikulturalität in unserer Gesellschaft anregen.
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