Kunstwerk des Monats
Dezember 2004

Karl Weysser (1833-1904):
Heidelberg, Marstall, 1901

Ein Bild aus dem idyllischen, von der Industrialisierung noch völlig unberührten Leben in der Stadt am Neckar zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Der 1833 im badischen Durlach geborene Landschafts- und Architekturmaler Karl Weysser kam nach Studium und Akademieaufenthalten in Karlsruhe und München im Herbst 1879 nach Heidelberg. Nach Zwischenaufenthalten in Baden-Baden- und Karlsruhe kehrte er im Herbst 1895 endgültig nach Heidelberg zurück. Sein künstlerisches Werk umfasst über 3.000 Architekturzeichnungen sowie etwa 600 Ölgemälde und Studien. Vor allem in seinen letzten Lebensjahren, in denen Weysser keine Reisen mehr unternehmen konnte, griff er auf seinen reichen Fundus älterer Zeichnungen als Vorlage für seine Gemälde zurück, so auch in dem 1901 signierten und datierten Gemälde "Marstall". Wie auf einem Photo hat Weysser in diesem Gemälde eine vormittägliche Alltagsszene vor dem östlichen Wehrturm des Zeughauses am Neckarstaden festgehalten. Dienstboten, Knechte und Mägde gehen ihren Alltagsgeschäften nach. Ein mit Stroh beladenes Fuhrwerk steht zur Abfahrt bereit, während ein kleiner Junge sich vorsichtig den vorgespannten Kühen nähert. Auf dem Neckar herrscht reger Schiffsverkehr. Im Hintergrund erkennt man die 1877 fertiggestellte Friedrichsbrücke, im Vordergrund hat ein kleiner Nachen festgemacht., worin sich ein junger Mann vor seinen beiden weiblichen Zuhörerrinnen als Reiseführer profiliert. Sein ausgestreckter Arm weist auf das Zeughaus, den größten Gebäudekomplex in der Heidelberger Altstadt aus kurfürstlicher Zeit. Weyssers beschauliche Szene vor dem Marstall erweckt den Eindruck einer idyllischen Kleinstadt am Fluss, geprägt von der nostalgischen Sehnsucht nach der "guten alten Zeit". Von der Hektik und dem Lärm einer modernen Großstadt, den umwälzenden Folgen der Technisierung und der um 1900 einsetzenden Urbaniserung ist bei ihm nichts zu spüren.

Frieder Hepp


 
Heidelberg, Marstall, 1901,
Öl/ Leinwand,
Kurpfälzisches Museum Inv. Nr. G 468

 
 
siehe auch: Sammlungsblatt
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