Kurpfälzisches Museum Heidelberg:

Das Kunstwerk des Monats

April 2003
  - Sammlungsblatt -

Charles de Graimberg
„Erste allgemeine Ansicht des Schlosses, der Stadt und des Thales von Heidelberg“
(1814/1815)

Der französische Adlige Charles de Graimberg kam am 4. Oktober 1810 zum Zeichnen nach Heidelberg. Die Stadt und das Schloss in ihrer einzigartigen Lage im Neckartal und die historische Bedeutung der Ruine faszinierten ihn derart, dass er sein Lebenswerk auf die Schlossruine ausrichtete und in Heidelberg ansässig wurde

 
Aus dieser Begeisterung heraus legte er den Grundstein zu einem Kupferstich-Unternehmen, mit dem er die in seinen Augen schönste Ruine Europas auch für kommende Generationen erhalten und ihr Ansehen sowie ihren Bekanntheitsgrad steigern wollte. In seinen vier ersten großen Kupferstichen, zwei Ansichten des Hofes und zwei Gesamtansichten der Ruine dukumentiert er ihren Zustand in seiner Zeit und legt den Grundstein für die Schlossromantik, die schließlich die Ruine vor dem endgültigen Zerfall bewahren sollte.

Bei Graimbergs zweiter großer Schlossansicht wird insbesondere im Blick von Osten, über die Ruine weg in die Rheinebene, mit den im abendlichen Gegenlicht atmosphärisch verklärten Konturen, der Einfluss der Romantik augenfällig. Graimberg entschied sich für die klassische Komposition mit fest umrahmter Bildbühne, Repoussoirelement und figürlicher Staffage im Vordergrund und einer von Horizontalen, Vertikalen und Diagonalen eingefassten Tiefenöffnung mit in die Ferne leitenden, linearperspektivisch ausgerichteten Blickbahnen. Während der Vordergrund und der Baukörper der Ruine klar konturiert sind, scheint über der Dachlandschaft Heidelbergs ein zarter Schleier zu liegen und die Rheinebene mit den Pfälzer Bergen im Hintergrund löst sich zunehmend im flirrenden Licht in der Ferne auf.

Das Kompliment für die optimale druckgraphische Umsetzung des Blattes und die Klarheit der Komposition gebührte seiner Ansicht nach einzig seinem Freund Christian Haldenwang (1770-1831), den er mit Malern wie Claude Lorrain und dem berühmten englischen Landschaftsstecher William Woollett in einem Atemzug nennt.

Charles de Graimberg widmete seine "Erste allgemeine Ansicht" dem französischen König Ludwig XVIII. und gab damit seiner politischen Überzeugung als Anhänger des Ancien Regime und der Restauration der Bourbonen Ausdruck.

Textvorlage: Anja-Maria Roth

Literatur:
Helmina von Chezy: Gemälde von Heidelberg, Mannheim, Schwetzingen, dem Odenwalde und dem Neckarthale. Wegweiser für Reisende und Freunde dieser Gegend. Heidelberg o. J. [erweiterte Ausgabe der 2. Auflage von 1821, die ca. 1822 erschien].
Charles de Graimberg: Notice de l'entreprise des vues de Heidelberg. Heidelberg 1820.
Charles de Graimberg: Nachrichten von der Alterthümerhalle des Heidelberger Schlosses, o. 0.1842.
Hasso von Haldenwang: Christian Haldenwang, Kupferstecher (1770-1831). In: Frankfurter Fundamente der Kunstgeschichte. Hrsg. von G. Eimer. Band XIV.

 
siehe auch: Sammlungsblatt
"Zweite Ansicht..."
"Erste allgemeine Ansicht des Schlosses, der Stadt und des Thales von Heidelberg. Vom Wege nach dem Wolfsbrunnen. Dediee au Sauveur de la France, au bon Pere de son Peuple, Sa Majesté Louis XVIII. Roi de France et de Navarre. Par le plus affectionne, le plus soumis et le plus devoue de ses fideles sujets Charles de Graimberg."
Zeichnung: Charles de Graimberg (1814); Kupferstich: Christian Haldenwang (1815)
46,4 x 56,5 cm (Platte); Inv. Nr. S 863
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