Die Aufgabe zahlreicher, zuvor 200 Jahre und länger besiedelter
Wohnplätze zu Beginn des 5. vorchristlichen Jahrtausends markiert
das Ende des Altneolithikums. Es bilden sich nun neue Kulturen,
die in direkter Fortsetzung altneolithischer Traditionen stehen,
doch in Siedlungsraum, Hausbau, Keramik und Bestattungssitten
ganz neue Wege gehen. Nach der Hinkelstein- und der Großgartacher
Kultur ist die Rössener Kultur die jüngste dieser mittelneolithischen
Kulturen und datiert 4600 - 4400 v. Chr..
Keine weitere Epoche der Jungsteinzeit zeichnet sich durch derart
vielfältige und abwechslungsreiche Keramikdekors aus. Da die Töpferscheibe
noch unbekannt war, wurden die Gefäße aus einem gemagerten Tonklumpen
oder durch Aufbau mehrerer Tonwülste mit den Händen freigeformt.
Der Brand erfolgte als offener Feldbrand, wobei über den Gefäßen
mit aufgeschichtetem Stroh oder Holz eine Art Meiler gebaut wurde.
Durch die wechselnde Luftzufuhr erhielten die Gefäße eine unterschiedliche
Färbung, die von hellgelb bis schwarz reichen kann.
Im Januar des Jahres 1902 konnte Karl Pfaff, Professor am damaligen
Großen Gymnasium der Stadt Heidelberg, bei der Anlage des Neuen
Friedhofes zwei Gruben der Rössener Kultur ausgraben, von denen
die größere als "Pfaff's Große Grube" weit über die Region hinaus
zu Berühmtheit gelangte. Die Fundstelle liegt in Neuenheim, wo
während der gesamten Jungsteinzeit die Menschen die fruchtbaren
Löß- und Schwarzerdeböden des Neckarmündungsgebietes als Ackerflächen
nutzten. Auf dem Gelände des damaligen Neuen Friedhofes befindet
sich heute der Heidelberger Zoo und auf der Fundstelle der Pfaff'schen
Grube steht nun die Zookasse. Die "Große Grube" hatte einen Durchmesser
von 12 x 14 Meter und war noch 3,8 Meter tief. Angelegt wurde
sie ursprünglich als Lehmentnahmegrube. Der Lehm diente beim Bau
mehrerer der charakteristischen Langhäuser zum Verfugen der Wände
und zur Anlage der Fußböden. Später wurde die Grube als zentrale
Mülldeponie des Dorfes genutzt. Es fanden sich hier die Reste
von über 900 Gefäßen, zahlreiche Tierknochen, Gerätschaften aus
Bein und Geweih, Feuersteine und Muschelschalen.
Renate Ludwig
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