Eine außerordentliche
Hitze - schon vor 200 Jahren
Die Säkularisationsausstellung
in Schloss Bruchsal im August
Der heißeste
Sommer seit Jahren: Hitze und Trockenheit sind das beherrschende
Sommerthema 2003. Das spielt auch für die große Säkularisationsausstellung
im Bruchsaler Schloss eine Rolle. Die Veranstalter hatten genug
Anlass, sich Sorgen zu machen. Wie viele Besucher würden den Weg
in die Ausstellung "Kirchengut in Fürstenhand" finden? Die Folgen
des Reichsdeputationshauptschlusses von 1803 im Land, der Übergang
des Kirchengutes vor zwei Jahrhunderten aus dem Besitz der Klöster
und geistlichen Fürsten an die Staaten Baden und Württemberg -
keine einfache Kost, mit der man die Massen von Baggerseen und
Freibädern in eine Ausstellung locken konnte. Zum trockenen Thema
noch die Sommerhitze! Aber inzwischen hat sich gezeigt: Das Publikumsinteresse
lässt sich vom Wetter nicht stören, die Besucher, inzwischen weit
über 30.000, finden den Weg ins Bruchsaler Schloss.
Der Sommer
2003 und der Sommer vor 200 Jahren zeigen denkwürdige Parallelen.
Auch im Säkularisationsjahr war der August regenlos und heiß!
Man weiß das aus verlässlicher Quelle: Ignaz Speckle, der letzte
Abt von St. Peter im Schwarzwald, hinterließ ein Tagebuch. Das
Werk - in der gedruckten Edition handelt es sich um zwei Bände
von je 500 Seiten - enthält ausführliche Berichte über die Wetterlage
und vor allem über die Erntesituation in den heißen Sommern von
1802 und 1803. Im August 1803 besuchte Speckle den Fürstabt von
St. Blasien, Berthold Rottler. Dabei besichtigte er trotz des
heißen Wetters zahlreiche St. Blasianische Ortschaften und Wirtschaftsbetriebe,
darunter Todtmoos, Albbruck und die klostereigene Brauerei Rothaus
- alle in der Ausstellung in Bruchsal präsent.
Abt Speckle
schreibt über das Wetter im Sommer von 200 Jahren: Er notiert
"eine außerordentliche Hitze und anhaltende Tröckene. Seit 30.
Juli regnete es gar nicht und die Hitze stieg fast mit jedem Tage.
Es lassen sich hievon traurige Folgen befürchten in Rücksicht
auf Fütterung und den Weinwachs. Itzt schon fangen die Trauben
häufig an zu dörren oder zu bräunen." Noch am 16. September kann
er eintragen: "Wegen der außerordentlichen Tröckene wurden dieser
Tagen zwo Bittstunden in hiesiger Pfarre gehalten und heute ein
Bittgang in die St. Ursulakapelle, wo zugleich das Amt gehalten
und vier Messen gelesen wurden. Gott erhörte auch endlich das
Gebet, und noch heute Vormittag fiengs an ein bisschen zu regnen.
In der Nacht regnete es wieder, auch am folgenden Tage, aber immer
noch sehr wenig und kaum wird noch die Oberfläche angefeuchtet.
Alles ist sehr ausgedörrt und sozusagen nach lang anhaltender
Hitze abgebrannt."
Die Folgen
des heißen Sommers vor 200 Jahren waren härter als heute. Man
kennt keine Klimaanlagen; dem Abt Speckle werden die Reisen über
Land "bei außerordentlicher Hitze beschwerlich". Und, was viel
schlimmer ist: Der Bericht Speckles macht deutlich, dass die Trockenheit
zu echter Not führen konnte: Missernten, zumal mehrere aufeinander
folgende, konnten für die Bauern und die Bevölkerung existenzbedrohend
sein - bis hin zu Hungersnöten. Denn der Hauptbestandteil der
Ernährung, Brotgetreide, stammte fast immer aus der eigenen Region.
Mangeljahre konnten, im Gegensatz zu heute, kaum über den Handel
ausgeglichen werden. Subventionen gab es noch gar nicht!
|