Säkularisation 2003 - aktuell


  

 


Kirchenruine Allerheiligen,
Zeichnung, 1870, Karl Weysser (1833-1904)

Säkularisation und Tourismus
Klosterruine Allerheiligen: vom Relikt der Säkularisation zum Ausflugsmagnet

Sommerzeit ist Reisezeit: Dies galt schon vor 200 Jahren. Anders als heute war es im 19. Jahrhundert jedoch viel schwieriger zu reisen. Man war mit der Kutsche, zu Pferd oder sogar zu Fuß unterwegs, was zum einen sehr beschwerlich war und zum anderen oft sehr lange dauerte. Nichtsdestotrotz entstand ein reger Tourismus.
Welche Sehenswürdigkeiten damals gerade aktuell wurden, können Sie in der großen Säkularisationsausstellung "Kirchengut in Fürstenhand" im Bruchsaler Schloss erfahren.
Denn diese entstanden häufig als Auswirkungen der Säkularisation, als die geistlichen Fürstentümer und Klöster durch den Staat 1803 enteignet wurden. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts herrschte der Geist der Romantik: Man schwärmte für längst vergangene Zeiten und die Schönheit der heimischen Natur. So kam es, dass Orte wie Allerheiligen, dessen Kloster in der Folge der Säkularisation zur Ruine verfiel, zu beliebten Reisezielen wurden.
Zudem bedeutete die Übernahme der geistlichen Gebiete durch Baden und Württemberg auch die Auflösung unzähliger Grenzen und machte es somit viel einfacher, ohne ständige Passkontrolle die nun größer gewordenen Länder zu bereisen.

Wie aus einem verlassenen, maroden Überbleibsel der Säkularisation ein Magnet für Ausflügler wurde, zeigt am besten das Beispiel der Klosterruine Allerheiligen. Besonders die Kombination aus historischem Zeugnis und romantischem Naturerlebnis machten das ehemalige Kloster zu einem reizvollen Reiseziel. Neben der Ruine selbst übte auch das Naturschauspiel der benachbarten Wasserfälle eine besondere Faszination auf die Besucher aus. Dies beweisen die unzähligen Darstellungen in Kunst und Literatur. In Folge des regen Interesses entstand in der Nähe der Ruine das "Forstwirthschaftshaus" der Familie Mittermeier, deren Gastlichkeit sich schnell herumsprach. Spätestens Karl Baedeker, der Allerheiligen 1853 besuchte und in seinen Reiseführer aufnahm, machte die Ruine endgültig einer breiten Öffentlichkeit bekannt.
Viele berühmte Persönlichkeiten kamen nach Allerheiligen, darunter die Zarenfamilie und der amerikanische Schriftsteller Mark Twain, der 1880 seine Eindrücke folgendermaßen schilderte: "[...] Das enge Tal zu unseren Füßen - es hieß Allerheiligen - bot am Ende seiner grasbewachsenen Sohle gerade Raum genug für ein behagliches, wonnevolles Menschennest, an das die Welt mit ihren Belästigungen nicht heranreichte [...]; und da standen die schmucken braunen Ruinen ihrer Kirche und ihres Klosters als Zeugen dafür, dass die Priester vor siebenhundert Jahren einen ebenso feinen Instinkt hatten wie die Priester heutzutage, wenn es darum ging, die erlesensten Winkel und Ecken des Landes aufzuspüren. Ein großes Hotel verdrängt die Ruinen nun ein wenig und betreibt ein lebhaftes Geschäft mit Sommerfrischlern. [...] "
Bis heute sind Allerheiligen und andere Orte der Säkularisation wie Meersburg oder Reichenau beliebte Ausflugsziele für unzählige Besucher geblieben.

Wer mehr über die Zeit vor 200 Jahren erfahren möchte, hat dazu noch vier Wochen Gelegenheit. Die Ausstellung konnte wegen des guten Publikumszustroms bis zum 21. September verlängert werden. Die Ausstellung im Bruchsaler Schloss ist täglich außer Montag von 9.30 bis 17 Uhr geöffnet, Donnerstag bis 19 Uhr.

   
   

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