Das
römische Theater bestand aus einem Zuschauerrund, das, wo
es das Gelände zuließ, in den Abhang eines Berges hineingebaut
wurde (Vienne, Orange, Vaison-la-Romaine), für das sonst
eine aufwendige Mauerkonstruktion die Substruktion bieten
musste (Arles). Diese steil ansteigenden Stufenreihen, cavea
genannt, boten bis zu 10.000 Zuschauern Platz. Sie waren
horizontal in drei voneinander getrennte Ränge gegliedert,
die oberen Ränge waren durch Galerien in der Substruktion
zugänglich. Zugänge und Galerien waren so dimensioniert,
dass - wie bei den Amphitheatern - es nur Minuten dauerte,
bis es von allen Zuschauern verlassen war.
Das Zuschauerrund
war durch eine Konstruktion aus Seilen und Stoffbahnen,
das "velum", vor Sonne und Regen zu schützen. An der Außenwand
der Theaters von Orange ist noch die Haltekonstruktion für
die Masten zu sehen. Abgeschlossen wird das römische Theater
vom Bühnenhaus, der frons scenae, die das gesamte Gebäude
in voller Höhe abschloss. Sie bildete nach innen eine großartige,
durch Säulen und Nischen gegliederte, mit Statuen geschmückte
und mit Marmor verkleidete Schauwand. Hier lag der wesentliche
Unterschied zum griechischen Theater, das sich ohne Bühnenhaus
in die Landschaft einfügte. In der Bühnenwand lag die valva
regia, die königliche Pforte, durch die Ehrengäste, allen
voran die Mitglieder des kaiserlichen Hauses, das Theater
betraten - um dann innerhalb der Orchestra, dem Halbrund
zwischen den Zuschauerrängen und der scena Platz zu nehmen.
Die scena, also der eigentliche Bereich der "Bühne", war
zur orchestra hin durch eine ca 1 m hohe mit Reliefs und
Skulpturen verzierte Mauer abgeschlossen. Dahinter lag ein
schmaler Spalt im Bühnenaufbau ("Vorhanggraben"), in den
das Gestänge des Bühnenvorhangs versenkt werden konnte.
Seitlich wurde die scena von zwei Vorbauten der Bühnenwand
begrenzt, den basilicae, von denen aus die Dekoration der
Spiele gesteuert werden konnte oder weitere Schauspieler
der Bühnen betraten.
Zusammen
mit den Amphitheatern, den Sportstätten und den Thermen
nahmen die Theater innerhalb der römischen Stadt einen wesentlichen
Stellenwert als öffentliche Gebäude mit politischer Funktion
ein. Für die römische Macht waren sie ein wichtiges Mittel,
die lateinische Kultur in der ansässigen Bevölkerung zu
verbreiten, aber auch, diese von der politischen Betätigung
fernzuhalten und mögliche nationale Bestrebungen im Ansatz
zu unterbinden. Die Römer stellten die bevölkerung gewissermaßen
mit Kunst und Vergnügungen ruhig.
Das Theater war der einzige
öffentliche Raum, wo sich die Frauen, die vom politischen
Leben ausgeschlossen waren, beim Besuch der Vorstellungen
ohne das Risiko von Schimpf und Schande zeigen konnten. Die
Aufführungen waren kostenlos und für jedermann zugänglich.
Das bedeutete allerdings nicht, dass sich im Theater vermischen
konnte, was auch auf der Straße getrennt bleiben musste.
Die Trennung der Stufen in den Zuschauerrängen entsprach
hier der Trennung der sozialen Schichten im Leben der Antike.
Damit niemand sich verlief und Leichtsinnige zurückgeführt
wurden, ließen die Galerien und Zugänge keinen Zweifel.
Klare Hinweise leiteten jeden an seinen Platz. So bestimmte
z.B. die Inschrift EQ[uitum] G[radus] III im Theater von
Orange, dass die ersten drei Sitzränge hier der Klasse der
Ritter (equites) vorbehalten waren. Darüber hatten die Mitglider
der Priesterkollegien und der Korporationen ihren Platz.
Der zweite Rang war dem (römischen) Volk, den Bürgern also,
vorbehalten, während auf den oberen Rängen Bettler, Prostituierte
und Einheimische Platz fanden. An dieser Einteilung hat
sich seither fast nichts geändert: Im "Paradies" finden
sich noch immer die billigsten Plätze.
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