Die Tugend der Liebe


Hochzeitsmalerei in der florentinischen Renaissance

 

Die Camera, das Zimmer schlechthin, ist Dreh- und Angelpunkt des Hauses in der Renaissance und gleichzeitig der intimste und am meisten geschützte Ort, Stätte des Vollzugs der Ehe, der Geburt und des Todes.

Vor allem die „Cassoni“, die prunkvoll ausgestatteten Truhen, mit ihren reich bemalten Deckeln, wie der des sogenannten Cassone Adimari aus der Galleria dell’Accademia – von dem die Ausstellung ihren Ausgang nimmt – und den dekorierten Fronten, legen außerordentlich reichhaltiges Zeugnis von den florentinischen Häusern der Renaissance ab. Ihre Themen sind die kostbare Mode, die reichen Festlichkeiten, die Bräuche, die die Hochzeit begleiten und vor allem das Gelöbnis beim Eintritt der Braut in das Haus des Mannes.

Darüber hinaus hat die "Malerei der Räume" die grundlegende Aufgabe, durch die wiedergegebenen Geschichten und die darin enthaltenen Botschaften das Ehepaar zu mahnen und in seinem sittsamen und zurückhaltenden Lebenswandel zu bekräftigen – ein Aspekt der uns heute hilft, das Augenmerk auf einen Hauptpunkt der florentinischen Kultur des 15. Jahrhunderts zu richten: die Rolle der Familie und in ihr die Rolle des einzelnen Ehepartners. Ausgehend von der klassischen Mythologie und der Bibel, von historischen Ereignissen und der zeitgenössischen Literatur sind alle Facetten der Liebe und daraus entstehender Pflichten vertreten: von der Liebe, die über Widrigkeiten siegt (wie die Hochzeit von Peleus und Thetis), über die Tugenden des Gehorsams und der Selbstverleugnung, die Frauen befolgen sollten (Legende der Griselda aus Boccaccios Decamerone), bis zum Mut der römischen Heldinnen Lucretia und Virginia, die den Tod als Erlösung wählten. Ein Abschnitt zeigt selbst die verderblichen Folgen der Liebe als sexuelle Magie, die in der Lage ist, den Willen des Mannes vollständig zu bezwingen.

Nicht vergessen werden darf indessen, dass die Ehe in erster Linie der Fortpflanzung, dem Erhalt der Familie in der nächsten Generation und damit ihren Fortbestand bedeutete. Zu diesem Zweck ist der letzte Abschnitt der Ausstellung dem Stolz des Hauses gewidmet, der den Geschichten von Äneas und Dido oder denen Petrarcas, die den „Triumph des Ruhms, von Zeit und Ewigkeit“ verherrlichen, zugrunde liegt. Diese Bilder können auch auf Geburtstafeln (deschi da parto) erscheinen, runden Tafeln, mit denen man Glück wünschte und besondere Ereignisse feierte und die der Frau und Mutter des Hauses überreicht wurden. Besonders berühmt ist die Tafel, die anlässlich der Geburt Lorenzos „il Magnifico“ ((Trionfo della Fama, New York, Metropolitan Museum), gefertigt wurde.

Schließlich öffnen die ausgestellten Werke – darunter Werke von berühmten Malern wie Botticelli (Geschichte der Virginia Romana, Bergamo, Accademia Carrara) Filippino Lippi (Geschichte der Lucrezia, Florenz, Galleria Palatina) Pesellino (Geschichte der Susanna, Avignon, Musée du Petit Palais) – einen außerordentlichen Blick auf die Florentiner Werkstätten, die an der Herstellung dieser Objekte beteiligt waren und gerade im 15. Jahrhundert ihre Blütezeit erlebten.

Die Ausstellung wurde in Zusammenarbeit mit dem Museo Horne in Florenz organisiert und enthalten Werke des dortigen Kernbestands an gemalten Cassoni, der durch Leihgaben aus Privatsammlungen ergänzt wurde.

     
 

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