Barock
im Vatikan
Kunst und Kultur im Rom der Päpste II
Eine Ausstellung der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik
Deutschland, Bonn, in Kooperation mit den Musei Vaticani,
der Fabrica di San Pietro, der Biblioteca Apostolica Vaticana,
dem Martin-Gropius-Bau und den Berliner Festspielen, Berlin
Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland
Bonn, 25. November 2005 bis 19. März 2006
Martin-Gropius-Bau
Berlin, 12. April bis 9. Juli 2006
Barock
im Vatikan setzt die erfolgreiche Vorgängerausstellung Hochrenaissance
im Vatikan fort. Gezeigt werden über 350 Objekte: Die teilweise
erstmals ausgeliehenen Kunstwerke der Kooperationspartner
im Vatikan, der Biblioteca Apostolica Vaticana, der Fabbrica
di San Pietro und der Musei Vaticani werden ergänzt durch
Leihgaben aus zahlreichen europäischen Sammlungen.
Zentrum der Ausstellung ist das große, ca. 5 Meter hohe
Holzmodell der Kuppel der Peterskirche von Michelangelo
und Giacomo della Porta. Mit Michelangelos Kuppel entsteht
nicht nur das Emblem des barocken Roms: die nach über hundertjähriger
Baugeschichte vollendete Kirche mit Kuppel und Platzanlage
versinnbildlicht wie kein anderes Kunstwerk den Anspruch
der gegenreformatorischen Kirche auf Weltgeltung: ein Anspruch,
der seinen Ausdruck - bei schwindender politischer Bedeutung
- vor allem in einem geistigen und künstlerischen Führungsanspruch
des päpstlichen Roms mit europäischer Ausstrahlung fand.
Entsprechend zieht sich die Bau- und Ausstattungsgeschichte
von St. Peter wie ein roter Faden durch die einzelnen Sektionen.
Beteiligt waren die berühmtesten Künstler der Epoche, darunter
nach Michelangelo Bernini, Borromini, Sacchi, Guercino und
Reni.
Im päpstlichen Rom des späten 16. und 17. Jahrhunderts bündeln
sich wie in einem Brennglas die religiösen, künstlerischen
und wissenschaftlichen Strömungen der Epoche. Auf diesem
‚Markplatz der Welt' fand Kunst, finden aber auch die neuesten
geistigen und wissenschaftlichen Errungenschaften das entsprechende
Publikum. Daher nutzen die Päpste und ihre Kardinäle, die
großen Ordensgemeinschaften, aber auch die römischen Adelsfamilien
Kunst und Wissenschaft mit Konsequenz und Erfolg zur Verherrlichung
der in der katholischen Reform erneuerten Kirche und zur
Inszenierung ihrer jenseitigen und diesseitigen Repräsentanten.
Barocke Kunst wirkt im Zusammenspiel von Architektur, Malerei
und Skulptur, im wohlüberlegten Zusammenwirken von Licht,
Material und Farbigkeit. Die Ausstellung unternimmt es,
dies durch die Einbeziehung unterschiedlicher Medien wie
Gemälde, Skulpturen, Bildteppiche, Paramente, Bücher, Stiche
und Zeichnungen für den Besucher erlebbar zu machen. Dabei
werden die großen Aufgaben päpstlichen Mäzenatentums, aber
auch die Auftraggeberschaft von Kardinälen und Orden, konzentriert
auf die wichtigsten (und schönsten) Beispiele, vorgestellt:
Dazu zählte etwa der Bau und die Ausstattung von Familienpalast
und Villa, die Errichtung einer Familienkapelle und vor
allem auch die Errichtung und Ausstattung großer Ordenskirchen.
Nicht nur römische Kunst fand europaweit Beachtung. Rom
und der Vatikan waren, nicht zuletzt durch die weltweiten
Beziehungen der Missionsorden, auch als Wissenschaftszentrum
von Bedeutung. Die Biblioteca Apostolica Vaticana und der
Kreis um Kardinal Cesar Baronius waren entscheidend für
die Begründung der kritischen Kirchengeschichte und die
Herausbildung der christlichen Archäologie. Eine Vorreiterrolle
bei der Heranbildung unseres modernen Weltbildes hatte die
römische Accademia dei Lincei, Vorbild aller modernen Wissenschaftsakademien.
Benannt nach dem scharfäugigen Luchs (ital. lince) hatte
sich die Accademia kein geringeres Ziel gesetzt als das
Studium des theatrum totius naturae, der bildlichen Erfassung
aller Naturerscheinungen. Den ‚Luchsäugigen' ist die erste,
mit Hilfe eines Mikroskops entstandene Abbildung zu verdanken:
Dargestellt sind bezeichnenderweise die Wappentiere Papst
Urbans VIII., die Bienen.
Die in diesem Zusammenhang mit dem Hermann von Helmholtz-Zentrum
für Kulturtechnik der Humboldt-Universität Berlin konzipierte
Ausstellungssektion zeigt nicht nur zeitgenössische Dokumente,
Instrumente und ‚Wundermaschinen': Nachbauten der wichtigsten
Instrumente ermöglichen einen ungewöhnlichen und oft erstaunlichen
Einblick in die Wissenskultur des Barock in Rom, ganz im
Sinne der Zeit. Getreu der Kunsttheorie der Epoche wirken
Wissenschaften und Kunst ähnlich: Sie sollten bei dem Betrachter
stupore, Erstaunen und meraviglia, Verwunderung, erzeugen.
So werde die Neugierde angeregt, der Erkenntnisprozess ausgelöst
und gleichzeitig das Vergnügen gewahrt: Dies hat sich auch
die Ausstellung Barock im Vatikan zum Ziel gesetzt.
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