"Bunte Götter" in Basel

  

Bunte Götter – Die Farbigkeit antiker Skulptur
Eine Ausstellung in der Skulpturhalle Basel in Zusammenarbeit mit der Glyptothek München und den Vatikanischen Museen, Città del Vaticano
11. August – 20. November 2005

Wer heute immer noch glaubt, dass die Skulpturen und Tempel der Griechen und Römer seit jeher in einem „klassischen Marmorweiss“ erstrahlten, der wird in der Ausstellung „Bunte Götter“ definitiv eines Besseren belehrt. Die antiken Götterbilder waren ursprünglich in kräftigen Farben gefasst und mit bunten Motiven bemalt. Eine Vorstellung davon liefern die farbigen Rekonstruktionen, Abgüsse und Faksimiles antiker Skulpturen in farbiger Fassung, die eigens für die Ausstellung entstanden sind. Auf den modernen Betrachter mögen die „Bunten Götter“ beim ersten Anblick vielleicht befremdlich wirken, doch beim zweiten Hinsehen wird deutlich, dass Farbe ein selbstverständlicher Teil der antiken Skulptur und Architektur war. In dieser Hinsicht ist die Ausstellung eine archäologische Sensation und ein längst überfälliges Desiderat. Obwohl die Archäologen schon seit bald 200 Jahren wissen, dass antike Statuen und Tempel farbig bemalt waren, blieb im 20. Jahrhundert die Farbigkeit der antiken Skulptur ein regelrechtes Tabu. Es ist ein grosser Verdienst der Ausstellung, dass die Farbe wieder ins Zentrum der Erforschung antiker Kunst zurückkehrt - und radikal mit den gängigen Klischees vom weissen Marmor in unseren Köpfen aufräumt.
Die Ausstellung „Bunte Götter“ präsentiert die Früchte der über 20jährigen Forschungsarbeiten einer Wissenschaftlergruppe um das Münchner Archäologenpaar Ulrike und Vinzenz Brinkmann. Die Untersuchungen haben insbesondere in den Bereichen der archaischen und frühklassischen Skulptur verblüffende Ergebnisse erzielt. Die Ausstellung war erstmals im Winter 2003/04 in der Münchner Glyptothek zu sehen und gastierte danach auch in der Kopenhagener Ny Carlsberg Glyptotek und in den Vatikanischen Museen.
Vom 11. August bis zum 20. November macht die Ausstellung Halt in der Schweiz. Gezeigt wird sie in der Skulpturhalle Basel, der Abguss-Sammlung des Antikenmuseums und Sammlung Ludwig, die eigens für diesen Anlass renoviert und neu gestaltet wird. Gegenüber den früheren Ausstellungen werden in Basel neue Exponate gezeigt, die den neuesten, stetig fortschreitenden Forschungsresultaten Rechnung tragen.
Im Zentrum der Ausstellung stehen rund zwei Dutzend plastische Farbrekonstruktionen. Daneben werden auch vereinzelte antike Originale gezeigt, an denen noch Reste ihrer ursprünglichen farbigen Fassung zu sehen sind. Solche Spuren – Farbpigmente bzw. feinste Vorzeichnungen für Muster und Motive, die meist erst durch mikroskopische Untersuchungen, UV-Fotographien bzw. durch extreme Streiflichtbetrachtungen sichtbar gemacht werden können – sind für die Polychromieforschung von unschätzbarem Wert. Zur Veranschaulichung werden deshalb vereinzelten Rekonstruktionen die entsprechenden Originale gegenübergestellt, an denen sich noch solche Reste bewahrt haben.
Eine wichtige Fundgruppe von Skulpturen für die Polychromiedebatte bilden u. a. die Statuen junger, aristokratischer Frauen (Koren), die Mitte des 19. Jahrhunderts auf der Athener Akropolis ausgegraben wurden. An diesen Statuen haben sich Spuren von Farbe in verblüffender Qualität erhalten. Das schönste Beispiel ist die berühmte Peploskore, die in der Ausstellung in neuer Farbrekonstruktion zu sehen sein wird. Nicht nur der Eindruck der Kore wird durch die Bemalung grundlegend verändert; die rekonstruierten Gewandmotive bieten auch Hinweise für eine neue Deutung der Kore als Göttin Artemis. Den Höhepunkt der Ausstellung werden ohne Zweifel der sogenannte Paris (Bogenschütze) und die Göttin Athena aus dem Westgiebel des Aphaiatempels der griechischen Insel Ägina bilden. Für die Basler Ausstellung ist eine 1:1 Giebelrekonstruktion vorgesehen, die einerseits den Gesamteindruck vermittelt, andererseits auch einen Blick auf die rückwärtige, nie sichtbare Seite der Giebelfiguren erlaubt.
Nicht nur die griechischen Künstler sondern auch die Römer haben ihre Statuen bemalt. So wird die berühmte Porträtstatue des Kaisers Augustus von Prima Porta oder ein Bildnis des römischen Kaisers Caligula aus der Glyptothek in Kopenhagen in farbigen Rekonstruktionen neben den Basler Gipsen stehen. Dass römische Kaiser und Bürger auf ihren Porträts mit farbigem Haar und rosa Haut erscheinen, ist tatsächlich noch gewöhnungsbedürftig. Nicht nur die Marmorskulpturen waren bunt, auch die Bronzestatuen kamen farbig daher; dies belegt in der Ausstellung die Kopie einer römischen Bronzebüste aus der Münchner Glyptothek: An ihr sind – analog zum antiken Originalzustand – die Augen in Glasfluss und Elfenbein eingelegt und die Lippen vergoldet.

Videofilme und computeranimierte Bilder führen im Multimediabereich in die Thematik der antiken Polychromie und ihrer modernen Erforschung ein. Ein Rahmenprogramm mit öffentlichen Führungen, Vorträgen und museumspädagogischen Veranstaltungen wird allen Interessierten einen praktischen und erweiterten Zugang zum Inhalt dieser Ausstellung ermöglichen. Für das leibliche Wohl wird im Bistro im Eingangsbereich gesorgt und für Lesewütige wird ein breites Angebot passender Lektüre im Museumsshop bereitgestellt.
Der umfangreiche, 275 Seiten starke und reich illustrierte Münchner Katalog erscheint für die Basler Ausstellung in neuer, revidierter Fassung und kann im Museumsshop erworben werden.

Text: Skulpturhalle Basel
Bild:
Grabstele des Aristion, um 510 v.Chr., Farbrekonstruktion Glyptothek München (Original Athen Nationalmuseum 29).

 

 

 

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