ELLWANGEN
(pm) - Unter dem Titel "Wie man's dreht und wendet - das Geheimnis
handgewebter Bänder und Borten" zeigt das Alamannenmuseum Ellwangen
in seiner neuen Sonderausstellung vom 4.6.-11.9.2005 alles über
die frühmittelalterliche Kunst des Brettchenwebens.
Weben ohne Webstuhl, mit einfachen Webgeräten in Brettchenform?
Brettchenweben ist ein altes Handwerk, bei welchem einfache Kärtchen
oder flache Brettchen den Webstuhl ersetzen. Fäden werden durch
Löcher der Brettchen gefädelt; durch das Drehen und Wenden der
Brettchen während des Webens werden die Muster in den Bändern
erzielt. Diese Webart ist einfacher zu erlernen, als es zunächst
aussieht.
Mit Brettchen gewebte Gürtel, Bänder, Borten und Verzierungen
waren seit mehr als 2000 Jahren geschätzt, denn sie zeichneten
sich durch vielfältige Muster und große Stabilität aus. Die ältesten
Funde von Brettchenwebereien stammen aus Nordafrika, Ägypten,
Asien, Europa und Island. Archäologisch lässt sich das Brettchenweben
oft nur über die Funde von Webbrettchen nachweisen, da sich Textilien
nur selten im Boden erhalten haben.
Der bislang älteste Brettchenfund, ein einzelnes Knochenbrettchen
aus einer Felsdachfundstelle bei Göttingen, stammt aus der jüngeren
Bronzezeit (1100-800 v. Chr.). Die frühesten Gewebefunde in Mitteleuropa
sind den Kelten zuzuweisen. In dem 1978/79 ausgegrabenen Fürstengrab
von Hochdorf bei Ludwigsburg (um 530/520 v. Chr.) haben sich außergewöhnlich
viele Stoffreste erhalten, darunter eine größere Zahl unterschiedlicher
Brettchengewebe. Moorfunde in Skandinavien und Norddeutschland
überlieferten Brettchenwebereien der Germanen.
Brettchenfunde aus dem frühen Mittelalter zeigen, dass die Brettchenweberei
auch zu dieser Zeit weit verbreitet war, darunter auch bei den
Alamannen. Durch Feuchtbodenerhaltung blieb in dem Baumsarggrab
974 von Lauchheim, einem reichen Frauengrab aus der Zeit um 500
n. Chr., ein Brettchengewebe erhalten. In ganz Europa wurden wertvolle
Bänder und Borten, zum Teil aus Seide und mit eingewebten Gold-
und Silberfäden, aus dieser Zeit gefunden.
Einen weiteren Höhepunkt dieser Webtechnik stellt die Brettchenweberei
der Wikinger in Skandinavien und Russland dar. In späterer Zeit
wurden häufig Kirchengewänder und höfische Bekleidung mit brettchengewebten
Bändern verziert. Eigenständige Webtraditionen sind unter anderem
aus China, Japan, Indonesien, Burma, Persien, Nordafrika, dem
Balkan und Island überliefert.
In der Sonderausstellung werden zahlreiche alte und neue Webmuster
und Webtechniken gezeigt, vom einfachen Armbändchen und Lesezeichen
bis zum aufwändig gearbeiteten Pferdezaumzeug. Zu der Ausstellung
haben Weberinnen und Weber aus ganz Deutschland beigetragen.
Beim einmal im Monat stattfindenden Webertag besteht die Möglichkeit,
den Fachleuten über die Schulter zu schauen und auch einmal selbst
zu weben - am 10. September im Rahmen der 4. Ellwanger Museumsnacht
sogar bis Mitternacht!
Begleitprogramm
Führungen am 5.6., 7.8. und 11.9.2005 jeweils um 11 Uhr
Webertage am 5.6., 9.7. und 13.8.2005 jeweils von 14-17 Uhr sowie
am
10.9.2005 von 14-24 Uhr
Alamannenmuseum Ellwangen
Haller Straße 9
73479 Ellwangen
Telefon +49 7961 969747
Telefax +49 7961 969749
alamannenmuseum@ellwangen.de
www.alamannenmuseum-ellwangen.de
Öffnungszeiten
Di-Fr 10-12.30, 14-17 Uhr
Sa | So 10-17 Uhr
Mo außer feiertags geschlossen
Nähere Informationen sind beim Museum unter Tel. 07961/969747
oder im Internet unter www.alamannenmuseum-ellwangen.de erhältlich.