Sinsheim zwischen Biedermeier und Revolution 1848/49

Was kleinere Städte im Lande mit ihrem Beitrag zum Revolutionsjubiläum von 1848/49 zu leisten vermögen, zeigt das Stadtmuseum in Sinsheim (Rhein-Neckar-Kreis) mit der Ausstellung ,,Sinsheim zwischen Biedermeier und Revolution 1848/49".

Daß in Sinsheim eine so hochrangige Ausstellung gemacht wurde, hat natürlich seinen besonderen Grund. Die Stadt an der Elsenz ist der Geburtsort von Franz Sigel, und zehn Kilometer entfernt kam Friedrich Hecker in Eichtersheim zur Welt. Sinsheim wurde zu einer demokratischen Hochburg. Die Republikaner wurden angeführt von Apotheker Karl Gustav Mayer, der auch den bekannten Zug der Sinsheimer nach Heidelberg am Ostermontag 1848 führte.

In den zeitgenössischen Utensilien spiegeln sich alle Facetten des Lebens in der Revolutionszeit. Das beginnt mit den kostbaren Möbeln im Biedermeierzimmer, das den Gang durch die Ausstellung eröffnet. Der Besucher ist begeistert von den vielen Originalen, die er zu sehen bekommt: Fahnen, Uniformen, Waffen, Helme, Epauletten u. v. m., darunter einmalige Stücke wie das im Wasser gefundene Gewehr, das ein Freischärler auf der Flucht weggeworfen hat, oder der Revolutionshelm der badischen Infanterie, Modell 1843/ 48, den es nur einmal gibt.

Was aber die Ausstellung so eindringlich macht, sind die figürlich dargestellten Szenen, so der Kampf zwischen den Badenern und den Preußen (Waghäusel, Ubstadt), oder der gefangene Freischärler auf dem Stroh, die Darstellung der Auswanderungswelle nach der gescheiterten Erhebung, welche das ganze Elend des Verlassens der Heimat eindringlich verdeutlicht. Viele Originalflugblätter gehören dazu.

Franz Sigel ist ein eigener Raum gewidmet. Es wird nicht nur die Rolle Sigels 1848 und 1849 gewürdigt, die er bei uns in Baden gespielt hat, sondern auch sein Einsatz als General im Sezessionskrieg in Amerika. Der Sieger von Pia Ridge ist heute noch bei den Amerikanern nicht vergessen. An Sigel wird dokumentiert, was die großen Flüchtlinge der Revolution für und in Amerika geleistet haben, nicht nur im Kriege, sondern auch politische und kulturell, wenn man z. B. an die Presse denkt, die sie als Forum ihrer Anschauungen geschaffen haben.

Man verläßt die museumsdaktisch ausgezeichnet gestalteten Räume beeindruckt, denn sie vermitteln einen sehr lebendigen Geschichtsunterricht. Ein größeres Lob kann man wohl einer Ausstellung, die eine historisch so virulente Zeit zum Gegenstand hat, nicht zollen. Sie ist vielleicht die bedeutendste nach der Landesausstellung im Karlsruher Schloß.

Öffnungszeiten: Sonntag und Mittwoch 14.00 bis 17.00 Uhr

Anfragen, und Führungen: Tel.: 0 72 61/6 41 86 (Herrn Holger Fried-rich)

Literaturhinweis: Holger Friedrich ,,Für Freiheit, Recht und Einigkeit. Sinsheim zur Zeit der Badischen Revolution 1848/49." (84 S., DM 17,80).

Ludwig Vögely


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