Um die verschiedenartigen Rechtstraditionen und
Rechtszustände im neuen Land auf eine neue undmorderne Basis
zu stellen, erließ die badische Regierung in den folgenden Jahren
so genannte "Konstitutionsedikte". Sie waren völlig auf die Bedürfnisse
einer zeitgemäßen Verwaltung und Staatsführung zugeschnitten
und werden daher auch als Ausdruck eines "Spätabsolutismus" gesehen.
Aus
dem "Zweiten Konstitutionsedikt die Verfassung der Gemeinheiten,
Körperschaften und Staatsanstalten betreffend" von 1807:
Drittens.
Die gesellschaftlichen Rechte einer Gemeinde dürfen nur
die leichtere Übung ihrer Gewerbsamkeit zum Zweck haben
und daraus abgeleitet werden, niemals aber auf Modification
ihrer Staatsuntertänigkeit bezogen, noch auf Ungenossen
der Gemeinde oder auf andere Gemeinden ausgedehnt werden, soweit
nicht eine besondere Freiheitsurkunde ihnen einen größeren
Umfang bestimmt beilegt.
(...)
Alle sowohl in den Oberhoheits als Eigentumslanden vor dem Preßburger
Frieden gegebene Privilegien gelten nur, in so weit sie mit der neuen nach
und nach erscheinenden Staatsconstitution vereinbarlich sind, und müssen
also im nächsten Bestätigungsfall auf das späteste danach
eingerichtet werden.
Die Stadt Lahr
musste in diesen neuen Vorschriften einen völligen Verlust ihrer
städtischen Autonomie hinnehmen. Diese beruhten auf den
alten Stadtrechten von 1377 und 1806 und waren während
des 18.
Jahrhunderts
verschiedentlich gegen die Versuche des fürstlichen Absolutismus,
sie zu beseitigen, verteidigt worden.
Auf das Ersuchen
der Stadt, die unmittelbar nach der Auflösung des Alten Reiches 1806
noch eine neue Stadtverfassung bekommen hatte, diese alten Rechte
wieder herzustellen, wurde 1812 in einem Erlass des großherzoglichen
Ministerium des Innern endgültig abgelehnt.
MINISTERIUM
DES INNERN
GeneralDirectorium
Karlsruhe,
den 14. September 1812
No.
3644. Erlaß des großherzogl. JustizMinisteriums vom 29.
d.M. in betreff der Vorstellung und Bitte des Stadtrats und BürgerAusschusses
zu Lahr um Herstellung der Stadtgerichtsbarkeit nach der vorigen
Verfassung, auch um Bestätigung des Freiheitsbriefes
vom 6. Juni 1806.
Beschluss
Nach
hierüber
an ihre königl. Hoheit von den drei Ministerien der Justiz,
des Innern und der Finanzen gemeinschaftlich erstellten Vortrag
und der darauf erfolgten höchsten Entschließung wird
dem KinzigkreisDirectorio zur weitern Eröffnung bekannt
gemacht :
ad II. & III.,
die Herstellung der Stadtgerichtsbarkeit in Lahr und die Anstellung
eines eigenen Stadtschreibers findet nicht statt, wohl aber bleibt
der Stadt freigestellt, zu ihren Rats und Ökonomiegeschäften
einen Ratsschreiber selbst zu ernennen.
ad IV.,
wegen der öffentlichen Abgaben überhaupt ... werden
die Lahrer Einwohner gleich anderen Ortschaften gehalten
werden . . .
ad VI.,
Hinsichtlich der Steuer und Schatzung muß sich die Stadt Lahr der allgemeinen
Verfassung des Großherzogtums fügen, und die Bittsteller
werden mit dieser Beschwerde lediglich ab und auf die allgemeine
SchatzungsPeraequation verwiesen, bei welcher sich zeigen wird,
ob ihnen Erleichterung gebührt, und ob sie durch die einstweilige
Annäherung und Beiziehung zu kurz gekommen sind und was
dann peraequationsweise ihnen gebührt.
ad VIII.,
Wegen dem Salz Accis kann sowenig als für die seither im
ganzen Land neu eingeführte Erhebung von andern Accis bei
der Stadt Lahr eine Ausnahme gemacht werden ... , und den Umstand,
daß jetzt jeder Einwohner in Lahr das Salz teurer kaufen
muß als vorher, hat ersagte Stadt mit allen Einwohnern
des Großherzogtums, selbst mit allen Standesherren und
dermaligen Reichstädten gemein.
Im übrigen
findet die von der Stadt Lahr nachgesuchte Bestätigung
ihres in jetziger Verfassung nicht mehr anwendbaren Privilegs
nicht
statt.
|