Spielküchen
für Kinder gibt es seit dem späten 18. Jahrhundert. Schon
bald etablierten sie sich als Lernspielzeug für Mädchen.
Aufgrund dieses didaktischen Hintergrunds sind neben den Puppenstuben
und -kaufläden auch die Puppenküchen im 19. Jahrhundert
getreue Spiegelbilder der Erwachsenenwelt. Besonders der technische
Fortschritt ist anhand der Einrichtung sehr gut abzulesen. Die älteste
in der Ausstellung gezeigte Küche ist dem Typus der Rauchfangküche
zuzuordnen. Sie hat - wie die meisten Küchen dieses Typus -
einen mittig an der Rückwand fest eingebauten Herd für
ein offenes Feuer, darüber einen Kamin, der den aufsteigenden
Rauch ins Freie leitet. An der Kaminschräge sind dekorative
Kupferbackformen angebracht, an Leisten neben dem Herd sind in Reichweite
der Köchin häufig benötigte Koch-, Schöpf- und
Rührlöffel zu finden. Auf mehreren hölzernen Borden
sind Geschirr aus Zinn sowie irdene Schüsseln aufgestellt.
Die vor Schmutz
und Ungeziefer zu schützenden Lebensmittel bewahrte die Hausfrau
und Köchin in einem verschließbaren Schrank auf. Ein
Stall für kleine Tiere oder die vielfältigen, z. T.
schweren Arbeitsgeräte zeugen von der aufwendigen und oft
mühseligen Art der Nahrungszubereitung.
Die Rauchfangküche
war noch bis Ende des 19. Jahrhunderts in Gebrauch. Der gemauerte
Herd mit Rauchfang wurde dann von der sog. Kochmaschine"
abgelöst, einem beweglichen eisernen oder blechernen Herd
mit Backröhre, dem mit Türen verschließbaren Brennraum
und einem Rauchabzugsrohr. Diesen Herd stellte man z. T. unter
den noch vorhandenen Rauchfang, wie dies auch bei einer Jugendstil-Prunkküche
in der Ausstellung zu beobachten ist.
Kennzeichnend
für eine Kochmaschine" waren die Aussparungen in der
Herdplatte, in die die Kochtöpfe eingehängt werden konnten
und die seitlichen Vertiefungen für einen ständigen
Warmwasservorrat. Die weitere Einrichtung der Küche änderte
sich kaum, lediglich die Gerätschaft wurde auf den aktuellsten
Stand der Technik gebracht: die erwähnte Küche weist
z. B. eine Saftpresse, eine Eis- und Buttermaschine, eine schwenkbare
Kaffeemaschine und einen Kaffeeröster auf.
Mit der geänderten
Einstellung zur Küchenarbeit im frühen 20. Jahrhundert
änderte sich auch die Einrichtung der Küche, was sich
schon an der nun hellen Farbgebung von Boden, Wänden und
Möbeln ablesen läßt. Hier spiegelt sich ein neues
Bewußtsein für Hygiene wider. Sauberkeit, viel Licht
und frische Luft verbessern die Lebensqualität des häuslichen
Alltags. Vom sauberen Fliesenboden, über die Schränke
und Regale mit ihrem weißen Geschirr, den leichter zu handhabenden
Aluminiumtöpfen und dem modernen Küchengerät bis
hin zu den jetzt in die wohnlich gemachte Küche hinein gestellten
Tische und Stühle atmet alles Funktionalität und Rationalisierung
der Arbeitsabläufe.
Die Ausstellung
ermöglicht einen Gang durch über 100 Jahre Küchen-
und Kochkultur, die Puppenküchen sind durch liebevoll arrangierte,
volkskundliche Stücke vom Kochen und Essen der Erwachsenen
ergänzt. Die Einrichtung, Geräte und Geschirr in Original-größe
wie die Puppenküchen zeugen vom oft mühevollen Arbeitsalltag
der Frau, dem durch den technischen Fortschritt viel von seiner
körperlichen Last genommen wurde. Ein Vortrag sowie ein ausführliches
Führungsprogramm für Kinder und Erwachsene begleiten
die Ausstellung. Für Kinder ist ein eigener Raum zum Vertiefen
des Themas eingerichtet.
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